Eine hinreißende Begegnung zwischen Irvine Arditti und dem Barockensemble Lyriarte

Hamburg. Es gibt Konzerte, die machen nicht nur Spaß zu hören, man kann bei ihnen auf unterhaltsame Art auch noch viel lernen. Das jüngste Konzert im Rolf-Liebermann-Studio war so eins. Wann kann man schon einmal zwei grundverschiedenen Geigern einen Abend lang auf die Finger schauen?

Irvine Arditti, eine Speerspitze der Neuen Musik, und der Barockgeiger Rüdiger Lotter mit seinem Ensemble Lyriarte hatten sich auf ein gemeinsames Konzert eingelassen. Für die erste der beiden "Partien" von Heinrich Ignaz Franz Biber aus dem 17. Jahrhundert für zwei Violinen und Basso continuo, die das Programm einrahmten, stimmte der "moderne" Geiger Arditti sogar seine Saiten um. So deutlich sich die beiden in Klang und Artikulation unterschieden, Lotter brachte es fertig, den Kollegen in die Farbpracht und das Glitzern des Barockensembles mit seinem fabelhaften Continuo einzubeziehen. Dass Arditti nicht immer ganz im Rhythmus war, störte nicht weiter.

Bei Solowerken von Brian Ferneyhough und Luciano Berio stellte er dann seine Unerschrockenheit gegenüber den haarsträubendsten Schwierigkeiten bei der Geräusch- und Klangproduktion jenseits des geigenüblichen Spektrums unter Beweis. Arditti steht in dem Ruf, wenig zu proben - vielleicht klebte er deshalb so an den über viele Notenständer ausgebreiteten Blättern. Da schien der Überblick hin und wieder verloren zu gehen.

Lotter nahm die berühmte Chaconne von Bach zart im Klang und ein wenig zu glatt in der Interpretation. Aber wie er mit Arditti zusammen in Miniaturen von Berio und Toru Takemitsu zum Schweben brachte, war hinreißend. Wie der ganze Abend.