Dem Jazzpianisten und der Mezzosopranistin gelang in der Hamburger Laeiszhalle mit ihrem Programm “Love Songs“ ein Liederabend zum Wohlfühlen.

Hamburg. Damit hatten die Fans wohl nicht gerechnet: dass das Gipfeltreffen von Brad Mehldau, dem ungekrönten König des Jazzpianos, und der Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter zu einem veritablen Liederabend würde. Von Crossover raunte das Programmheft des "Love Songs" überschriebenen Abends. Aber Grenzen wurden kaum überschritten.

Mehldau zeigte sich bei Liedern der Romantik als hochsensibler, farbenreich und mit hinreißendem Gespür für Zeit agierender Begleiter. Otter wiederum sang und deklamierte mit Charme und Witz. Himmelweite Phrasen spannte sie und führte gerade Jean Sibelius von einer ganz anderen Seite vor: Die Musik flirrte und schwärmte und drehte sich vom Salonschwung bis ins Atemlose, in den Irrsinn. Dass Otters Stimme in der Höhe an den Rändern mittlerweile etwas spröde ist, machte die Sängerin mit ihrer subtilen Gestaltung und hervorragender Textverständlichkeit schlicht vergessen. Ärgerlich war allerdings, dass das Publikum nach jedem Lied klatschte, statt den Gruppen ihren Zusammenhang zu lassen. Einen zwiespältigen Eindruck hinterließ Brad Mehldau mit zwei Intermezzi von Johannes Brahms. Die klangen bei ihm recht einförmig, im Bass wenig artikuliert und in der Tongebung beliebig.

Von Richard Strauss war es ein erstaunlich kleiner Schritt zu Mehldaus eigenen Liedern auf Liebesgedichte von Sara Teasdale. Zarte Gebilde sind bei seiner Vertonung herausgekommen, wie es dem Abend überhaupt ein wenig an Drama, an Ausbrüchen mangelte.

Mehldaus Lieder hätten auch von Erwin Schulhoff sein können oder von einem sehr jungen Benjamin Britten - Jazzklänge schlichen sich nur sehr selten hinein. Und auch als die Künstler sich in die Welt der Chansons aufmachten, blieb der Eindruck der einer hoch kultivierten Interpretation, die aber die Grenzen zum Genre stilistisch kaum überschritt, selbst wenn Mehldau sich die Freiheit zu diskreten Improvisationen nahm und Otter mal einen Ton von unten ansetzte oder etwas Rauchiges in ihr Timbre brachte. Richtiges Crossover war das nicht. Aber ein exquisiter Wohlfühlabend.