Früher habe ich immer Rockstar werden wollen. Ein Wunsch, der bei meinen Eltern nicht gerade Begeisterungsstürme ausgelöst hat, aber sie waren sich fast sicher, dass sich das im Laufe der Schulzeit legen würde - wenn ich erst einmal etwas so Spannendes wie Mathematik oder Bürokratie kennengelernt hätte.

Im Grunde ist der Wunsch eines Heranwachsenden, Rockstar zu werden, ja fast schon spießig zu nennen, so häufig kommt er vor. Und ich frage mich deshalb, wie es wohl gewesen wäre, hätte ich ihnen offenbart, ich beabsichtige, meinen Lebensunterhalt als Akrobat zu bestreiten.

Unsere Familie hat mit Zirkus nicht wirklich etwas am Hut. Mein Vater hat eine Pferdeallergie, meine Mutter hasst aus unerfindlichen Gründen Clowns, mir wird beim Anblick von springenden Raubtieren übel. Ich glaube, sie wären geschockt. Zumal für meine Mutter Akrobatik nichts anderes als Basteln mit dem Körper ist - etwas, das schön aussieht, aber ansonsten völlig unnütz ist.

Wie wird man überhaupt Akrobat? Übt man zu Hause das Turnen? Spannt man Seile zwischen engen Hochhäusern? Baut menschliche Pyramiden mit Brüdern und Passanten?

Und wovon lebt man die ersten Jahre? Verbiegen sich angehende Akrobaten für Geld auf Hochzeiten? Flicflacen nackt bei Junggesellenabschieden aus Torten? Veröffentlichen kleine Kunststücke auf Akrobaten-DVD-Anthologien?

Oder tritt man etwa in jenen Zirkussen auf, in deren Zelten es immer nach Zelt riecht und deren Team oft nur aus zwei, drei Personen besteht - ein Umstand, über den auch Bärte und Clownsnasen nicht hinwegtäuschen können. Und wird man dann dort entdeckt? Sucht André Heller zwischen aufrecht herumrennenden Bären und aus Plastikblumen Wasser verspritzenden Clowns nach Talenten?

Lieber Herr Heller, sollten Sie das hier lesen, so antworten Sie mir doch. Bitte. Bis "Magnifico" in Hamburg startet, ist ja noch viel Zeit.