Das Filmkonzert mit Fritz Langs Klassiker begeisterte in der Laeiszhalle

Hamburg. Wer hätte gedacht, dass ein über 80 Jahre alter Stummfilm von gut fünf Stunden Dauer noch heute sein Publikum bis zur letzten Minute zu fesseln vermag. Fritz Langs Filmklassiker "Die Nibelungen", dessen neu restaurierte Fassung im Filmkonzert der Hamburger Symphoniker in der Laeiszhalle zu sehen war, gelingt dieses Wunder. Denn Langs zweiteiliges Epos ist mehr als nur irgendein Kinofilm, es ist ein visuelles Kunstwerk.

Die Bilder sind streng stilisiert wie Ikonen. Wuchtig-symmetrische Bauten, sorgfältig ausgestaltete Innenräume und Kostüme mit streng geometrischen Mustern beherrschen das Bild. Es ist eine Neuerfindung des Mittelalters aus dem Geist des Bauhauses.

Die Geschichte greift unter Umgehung von Wagner auf das alte Nibelungenlied zurück: Statt mystisch-mythischer Bedeutsamkeit und moderner Psychologie zeigt der Film archaische Menschentypen, die von den Gesetzen ihrer Standes- und Ehrbegriffe unaufhaltsam in die Katastrophe getrieben werden.

Leider ist die originale Filmmusik von Gottfried Huppertz nicht auf der Höhe von Langs Kunstanspruch. Zu dessen streng stilisierten Bildern setzte Huppertz eine gut gemachte, aber konventionelle Kinomusik mit einem sehr übersichtlichen Bestand an Leitmelodien. Als sich der Film noch an der Kinokasse bewähren musste, war das wohl nicht anders möglich. Doch heute, wo man "Die Nibelungen" mehr als Kunstwerk sieht, wirkt der Abstand zwischen der ästhetischen Originalität des Regisseurs und der routinierten Gefühligkeit des Komponisten wie ein Stilbruch. Erst recht, wenn man die musikalischen Beschwörungen heidnischer Frühzeit bei Strawinsky, Prokofjew oder Orff im Ohr hat.

Die Hamburger Symphoniker unter der souveränen Leitung von Christian Schumann schafften es gleichwohl, einen musikalischen Spannungsbogen über die fünf Stunden hinweg zu schlagen. Das Publikum bedankte sich mit herzlichem Zwischenapplaus nach jedem Gesang und beglücktem Jubel am Schluss.