Deufert & Plischke errichten eine raffinierte Tanzskulptur

Hamburg. Der "Ring des Nibelungen" enthält alles, was ein saftiges Musikdrama braucht: Liebe, Verrat, ein Spiel um Macht und Kapital, einen Helden im Kampf gegen die Götter, Scheitern, Weltflucht. Beim Hamburger Choreografenduo Deufert & Plischke wird die Sage in der Uraufführung von "Anachiv #3: Songs Of Love And War" auf Kampnagel zu einem spielerischen Trip ins Selbsterleben. Zurücklehnen und Konsumieren gilt nicht.

Der Zuschauer flaniert entlang einer Schilderwand, wo Sprüche wie "Jede Wunde mahnt den heilen Körper an" oder "Perfektionismus ist Narzissmus" das postmoderne Gewissen wachrütteln. Er darf vieles, nur reden darf er nicht. An einer Tafel mit Kreide kann er sich Luft machen, an der Station "Gehörgänge" Vorträgen lauschen. Etwa dem des Pianisten Alain Franco über "Ringbeginn Bewegungszwang". Der Belgier, bekannt durch die Zusammenarbeit mit Rosas, stimmt am Flügel die Ouvertüre des "Rheingold", später das Liebesthema aus der "Walküre" an. Die schwebende Leichtigkeit seiner Pathos-Klänge greifen die fünf silbern gewandeten Tänzer auf. Kattrin Deufert, Thomas Plischke, Eva Bernhard, Jasmin Ihrac und Britta Wirthmüller in ihrer Aikido-Choreografie auf.

Der ganze Ring kommt eingedampft auf seine zentralen Motive mit Raffinesse vor Ohren und Augen. Unterdessen mühen sich die Zuschauer beim Nibelungenspiel nach eigenen Regeln, decken Siegfried-Karten beim Memory auf oder fotografieren sich gegenseitig. In der "Schatzkammer" kleben sie Sprüche auf Schätze in Ballonform und tanzen mit ihm in die Götterdämmerung oder vollführen einen Schildertanz zur Aufforderung "Behaupten Sie sich!". Wer sich auf einen Abend mit dem Künstlerzwilling Deufert & Plischke einlässt, bekommt es mit einer cleveren Form von Konzeptkunst zu tun.

Und weil sie in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen feiern, legen sie gleich noch ein Symposium auf, Titel: "10 jahre durch-ein-ander". Ja, und zwar ein schönes.

Deufert & Plischke: Anarchiv #3: Songs Of Love And War nächste Vorstellung 1.4., 20.30, Symposium "10 jahre durch-ein-ander" 1.4., ab 15.00, Kampnagel, Jarrestraße 20; www.kampnagel.de