Die dänische Autorin Janne Teller liest heute aus ihren beiden verstörenden Jugendbüchern “Nichts. Was im Leben wichtig ist“ und “Krieg“

Magazin. Das Buch mit dem bemerkenswerten Titel "Nichts" kann man getrost als modernen Klassiker der Jugendliteratur bezeichnen: Mehr als 150 000-mal wurde das Werk der Dänin Janne Teller im vergangenen Halbjahr verkauft. Und es dürfte nicht nur der Hit einer Saison sein, sondern auch künftige Generationen von Schülern und jungen Lesern in den Bann ziehen.

Die Kinder- und Jugendliteratur ist ein nicht zu unterschätzender Posten auf dem Buchmarkt. Nur in der Belletristik werden mehr Bücher verkauft. Ein internationaler Bestseller wie "Nichts. Was im Leben wichtig ist", so heißt Tellers Roman vollständig, ist dennoch selten.

In Hamburg stellte die dänische Autorin bereits im vergangenen Jahr ihr an Tabus rührendes Jugendbuch vor, heute ist sie wieder in der Stadt. Im Magazin-Filmkunsttheater liest die 1964 in Kopenhagen geborene Autorin nicht nur aus "Nichts", sondern auch aus einem weiteren, nun auf Deutsch erscheinenden Buch: "Krieg" ist wie "Nichts" eine Parabel, die Fragen der Moral und des richtigen Handelns aufwirft. Janne Teller wagt in diesem Roman erneut ein gedankliches Experiment, indem sie die Ordnung der Welt einfach umstülpt. In ihrer literarischen Versuchsanordnung herrscht in unseren Gefilden Krieg und Unterdrückung. "Stell dir vor, er wäre hier", der Krieg. Es ist erstaunlich, wie gut Tellers 2004 in Dänemark erschienener Roman die Einbildungskraft befeuert. Gelobt wurde sie für ihre erzählerische und gedankliche Courage auch von der deutschen Literaturkritik.

Das Erfolgsbuch "Nichts" wurde hierzulande wie zuvor bereits in Skandinavien und Frankreich für seine philosophische Kraft gefeiert. In der Tat ist das 140-Seiten-Werk "weit mehr als ein Jugendbuch", wie die ZDF-Kultursendung "aspekte" befand.

Denn natürlich ist die provokante Behauptung des fiktiven Schülers Pierre eine Feststellung von elementarer Wucht: "Nichts bedeutet irgendwas, deshalb lohnt es sich nicht, irgendwas zu tun." Mit diesen Worten verlässt der Siebtklässler die Schule, setzt sich in einen Pflaumenbaum und feixt über seine Mitschüler. Denn die wollen ihn widerlegen. So sammeln Agnes, Gerda, Marie-Ursula, Hans und die anderen all das, was ihrem Leben Bedeutung gibt: Boxhandschuhe, ein Rennrad, die geliebten grünen Schuhe. Aber Pierre, den Nihilisten, beeindruckt das wenig. Und so fordern die Jugendlichen immer absurdere und quälendere Tribute voneinander: eine Adoptionsurkunde, einen Kindersarg, die Unschuld einer Mitschülerin, den Zeigefinger eines Mitschülers. Je größer der persönliche Verlust, desto höher die allgemeine Bedeutung.

Der Überbietungsgestus der Bedeutungssucher sorgt für immer neue Eskalationsstufen. Ein glückliches Ende hat dieses Gleichnis nicht. Die mühevolle Konstruktion von Sinn und Bedeutung geht in Flammen auf.

Janne Tellers Romane haben fraglos eine philosophische Tiefe. Teller schreibt spannend, rücksichtslos, radikal: In Dänemark war die Nachfahrin deutsch-österreichischer Einwanderer zunächst umstritten. "Nichts" galt als Werk, dessen Lektüre den jugendlichen Lesern schadet. Es wurde in den Schulen ihres Heimatlandes direkt nach Erscheinen im Jahr 2000 verboten. Dass es sich so sagenhaft gut verkauft, liegt daran, dass es nur ein Jahr nach diesem Verbot den Kinderbuchpreis des dänischen Kultusministeriums bekam und seitdem Schullektüre ist. In deutschen Klassenzimmern könnten Tellers Bücher bald auch kanonisch sein.

Janne Teller Lesung, heute, 19.00, Magazin-Kino (U Lattenkamp), Fiefstücken 8a, Eintritt 10/8/6 Euro. Informationen unter www.magazinfilmkunst.de