Hamburg. Mit dem Programm, das sich die französische Pianistin Lise de la Salle sich für ihren Soloabend am Freitag in der Laeiszhalle vorgenommen hatte, hat sie sich keinen Gefallen getan. Denn ihre eigentliche Stärke als feinsinnige Interpretin bewies die junge Französin erst, nachdem die Hauptsache bereits vorbei war.

Erst in den drei poetischen Kleinigkeiten von Chopin, Debussy und Schubert/Liszt, die sie am Schluss dazugab, zeigte de la Salle ihre ganze Klasse. Hier hatte man endlich das Gefühl, dass eine Künstlerin durch Töne spricht und ihre Klänge zum Leben erwachen. Während man zuvor anderthalb Stunden der gewiss bewundernswerten Bravourleistung einer exzellenten Klavierspielerin beigewohnt hatte, die von Natur aus alles andere als eine Show-Virtuosin ist. Und de la Salle hatte sich die Messlatte wirklich hoch gelegt: Die vier Balladen Chopins, Franz Liszts oktavendonnernde Dante-Sonate und Schumanns auch im Klang symphonische Etüden op. 13 standen auf ihrem Programm. Am besten gelangen die lyrischen Passagen bei Chopin und die langsameren Variationen bei Schumann. Doch wo es schneller und bewegter wurde, verschwammen allzu viele Details durch das reichlich gebrauchte Pedal.

Die geradezu vulgäre Virtuosität von Liszts Dante-Sonate wurde in de la Salles Lesart zwar etwas gemildert; doch statt mit einer solchen Monstrosität hätte man sie dann doch um vieles lieber mit ein paar kleineren Kostbarkeiten gehört.