Im dritten ZDF-“Spreewaldkrimi“ spielt Uwe Kockisch einen Diamantenräuber , der nach 15 Jahren Gefängnis wird.

Berlin. Seit Uwe Kockisch den Commissario Brunetti in den Donna-Leon-Verfilmungen spielt, ist er ein Fernsehstar. Auf Frauen wirkt er offenbar besonders anregend. Dieser Mann löse seine Fälle "mit der Unaufgeregtheit einer venezianischen Gondel, die ohne große Stürme übers Wasser gleitet", hat eine Kollegin kürzlich geschrieben. So etwas Apartes können nicht viele Schauspieler über sich lesen. Im Fall Kockisch bewirken die - zu Recht - stets sehr guten Kritiken allerdings bis heute nicht, dass der Mann aus Cottbus seine Vorsicht aufgibt. Dieses Mal ist es eine Erkältung, hinter der er sich freundlich verschanzt. Die soll, Kockisch fasst sich demonstrativ an den Hals und hustet dazu ein bisschen, das Treffen möglichst kurzhalten.

Die Frage nach Madrid, wo er seit drei Jahren mit seiner Lebensgefährtin lebt, wenn er nicht gerade dreht, quittiert er gleich mit einem gekonnt schmerzhaften Blick. "Meine Rollen", sagt er dann, "sind da. Die versuche ich zu verantworten. Alles andere ist meins." Im "Spreewaldkrimi" spielt er einen frisch aus dem Gefängnis entlassenen. "Würde ich über mein Privatleben sprechen, käme ich mir vor, als würde ich ein Stück Freiheit verkaufen."

So bleibt es bei dem, was man schon wusste. Kockisch stammt aus Cottbus, sein Vater ist im Krieg gefallen, und weil er als 17-Jähriger bei einem Fluchtversuch geschnappt wurde, hat Uwe Kockisch ein Jahr im Gefängnis gesessen. Anschließend hat er am Stadttheater von Cottbus als Mädchen für alles gejobbt. Als Kartenabreißer, Nachtpförtner, Bühnenarbeiter und Statist.

In dieser Zeit habe er begriffen, dass der Alltag in der Theaterwelt nicht so kontrolliert und streng gewesen sei wie sonst überall in der DDR. Also bewarb sich Kockisch an der Staatlichen Schauspielschule in Ostberlin. Ein richtiges "Berufsaussuchen" sei das aber keineswegs gewesen, meint der 67-Jährige rückblickend, "ich bin ans Theater gegangen, weil ich nach dem Fluchtversuch keine andere Chance hatte." Zudem habe ihm die Schauspielerei Möglichkeiten zur Subversion geboten. "Da konnte man schon viel von seinem inneren Druck loswerden."

Auf der Schauspielschule hat Uwe Kockisch damals übrigens zwei kennengelernt, mit denen er bis heute befreundet ist: Michael Gwisdek - "Micha war ein Jahr unter mir!" - und Henry Hübchen. Zwei Charakterdarsteller und zwei Clowns. In dem neuen "Spreewaldkrimi", den das ZDF am Montag ausstrahlt, gibt Hübchen einen abgewrackten Ganoven, mit dem am Ende nicht gut Kirschen essen ist. Hübchen wurde übrigens besetzt, als Gwisdek absagte. Wegen eines neuen eigenen Filmprojekts? Kockisch lacht. "Klar, Micha", sagt er amüsiert, "lass dir Zeit!"

Weil die "Spreewaldkrimis" fast schon eine Serie sind - die Redaktion hofft sehr, dass demnächst eine entsprechend positive Entscheidung fällt -, spielt Christian Redl wieder den knurrigen Kommissar. Kockisch ist Harry Ritter, ein Diamantenräuber, der wegen Mordes 15 Jahre hinter Gittern gesessen hat. Dass ausgerechnet so einer der Vater von Staatsanwalt Panasch (Matthias Koeberlin) ist, der die Ermittlungen in der Mordsache leitet, sorgt für hübsche Komplikationen.

Die hervorragende Besetzung macht Drehbuchautor Thomas Kirchner besonders stolz. "Man kriegt für den dritten 'Spreewaldkrimi' jetzt schon alle Schauspieler, die man haben wollte." Kirchner fügt hinzu, dass er dem ZDF bereits bei der Besprechung des Exposés gesagt habe, dass er diesen Film gerne für Kockisch schreiben würde. Und niemand hatte etwas dagegen.

Grimme-Preisträger Kockisch stattet seinen armen Ritter mit dem Hauch von latenter Gewalt aus, die der verkrachten Existenz in all den Wirren wieder Respekt verschafft. Und um das zu erreichen, genügen ihm minimale Tonverschärfungen. Da spürt man die lange Theatererfahrung. Kockisch ist vor der Wiedervereinigung eine der Säulen des Ostberliner Maxim-Gorki-Theaters gewesen, nach der Wende spielte er an der Westberliner Schaubühne unter der Regie von Luc Bondy und Bob Wilson. "Ein Schauspieler muss seine Figuren verteidigen." Das ist bis heute Kockischs Credo. Selbstdarstellung ist ihm fremd. Die Popularität, die mit sich bringt, dass ihm wildfremde Menschen in Venedig zuweilen zuwinken, betrachtet er mit Skepsis. Wenn Kockisch in Venedig einen neuen Brunetti-Krimi dreht, wohnt er übrigens im Haus des Bürgermeisters. Das, berichtet er vergnügt, versorge ihn mit vielen interessanten Informationen.

Spreewaldkrimi - Die Tränen der Fische Mo 28.3., ZDF 20.15 Uhr