Die Laeiszhallen-Serie von Mariss Jansons endete mit den BR-Symphonikern und Mitsuko Uchida

Hamburg. Mehrmals hintereinander gegen sich selbst anzutreten kann etwas Schizophrenes haben. Im Falle von Mariss Jansons, der nach den Hamburg-Gastspielen mit den Wiener Philharmonikern und dem Concertgebouw nun auch mit dem Münchner BR-Symphonieorchester internationale Maßstäbe fürs lokale Musikleben setzte, gelang es prächtig - weil sich aus drei Blickwinkeln ein Panorama ergab.

Auch bei diesem Laeiszhallen-Konzert wurde Jansons hinter der Musik so präsent unsichtbar, dass es eine Freude war, ihn ausdrücklich nicht arbeiten zu sehen. Der Alleskönner, dem seine Musiker noch den kleinsten Wunsch von der Fingerspitze ablesen mögen, ließ den Dingen intuitiv und präzise ihren Lauf, diesmal bei Beethovens 3. Klavierkonzert und Strauss' "Heldenleben". Klassische Pflicht und spätromantisch aufbrausende Kür, stärkste dramaturgische Kontraste, einmal unter innerem Hochdruck ins Formgerüst komprimiert, einmal ausschweifend und hedonistisch.

Erstaunlich, mit welcher fast ruppigen Trockenheit ausgerechnet Mitsuko Uchida, ansonsten eher als Mozart- und Schubert-Sensibelchen im Langzeitgedächtnis, bei diesem Beethoven zur Sache kam. Sie führte den Da-Seins-Kampf eines Einzelgängers vor. Der Kopfsatz: charakterlich gereift und moralisch gefestigt, das Largo begann schubertnebulös am Rande der Hörbarkeit, um dann geläutert zu leuchten, im Rondo das Protokoll des gelungenen Reifeprozesses. Und Jansons? Verschwand hinter dem Flügeldeckel, nur hier und da blitzte eine Geste hervor. Mehr war auch nicht notwendig. Es gab keine Details, die man unbemerkt ignorieren durfte; selbst die simpelste Begleitfloskel machte tieferen Sinn und nicht bloß Umgebungsgeräusch.

Das "Heldenleben" des Münchners Strauss war natürlich ein funkelndes Heimspiel für das BR-Orchester. Der Versuchung, Selbstverliebtheit in epischer Breite auszufahren, widerstand Jansons. Auch hier blieb der Eindruck, dass man mit über 100 Menschen durchsichtige, mühelos nuancierte Kammermusik spielen kann. Wenn man das kann. Keine sinfonische Dichtung, ein sinfonisches Gedicht. Der Gipfel der Genüsse war die solistische Brillanz, mit der BR-Konzertmeister Anton Barachovsky daran erinnerte, dass und warum er nicht mehr bei den Hamburger Philharmonikern ist.