"Kunst ist Diebstahl": Was für eine Aussage, sie stammt von Picasso. Sie sagt natürlich, eigentlich und lediglich vor allem: Nichts entsteht im luftleeren Raum. Alles hängt mit allem zusammen. Und genau das findet der amerikanische Autor David Shields authentisch. Sein literarisches Manifest "Reality Hunger" erscheint nun auf Deutsch.

Shields, Jahrgang 1956, listet in 618 sauber durchnummerierten Punkten auf, wie er sich die Kunstschöpfung im Allgemeinen und die Literatur im Besonderen vorstellt: Nämlich als Collage all der widersprüchlichen und tausendfach medial gebrochenen Realitätspartikel. Klingt schwer nach Postmoderne.

Shields' Absicht ist es laut eigenem Bekunden, die Literatur zu retten - indem er den realistischen Roman abschafft. Um was es ihm geht, ist: "Eine bewusste Unkünstlichkeit, 'Rohmaterial', das scheinbar unverarbeitet, ungefiltert, unzensiert und unprofessionell dargeboten wird".

"Plots sind was für Tote", sagt der bekennende Unkünstler Shields an einer Stelle seines provokativen Manifests. Sein Feindbild ist Starautor Jonathan Franzen, also der Romancier, der auf all den altmodischen Kram steht: Aufbau. Dramaturgie, Romanfiguren. Und irgendwie auch Originalität, insofern er eine Geschichte erzählen will, die noch nie erzählt worden ist. Keine Haltung hasst der bekennende Essayist Shields mehr, er will eine nicht-fiktionale Ästhetik entwickeln, eine Form, in der alles deswegen authentisch ist, weil es zusammengesetzt ist aus verschiedenen Quellen. So wie die gesampelten Teile eines Hip-Hop-Songs. Kann man interessant finden, aber nicht neu.

(tha)

David Shields: "Reality Hunger. Ein Manifest". C. H. Beck. 224 S., 18,95 Euro