Spaceman Spiff präsentiert sein berückend schönes Singersongwriter-Album “Und im Fenster immer noch Wetter“ heute in der Prinzenbar.

Prinzenbar. "Treibsandkasten". Oder "Kopfkissenkino". Das sind so Worte, die Hannes Wittmer sich ausdenkt, die er als Spaceman Spiff in seinen Liedern unterbringt. Und an denen der Hörer hängenbleibt. Die Gedanken schweifen ab und bummeln unangeleint durch die Gegend. Irgendwann später kommen sie zurück auf den Weg, zurück in den Song, der dann noch einmal gehört werden muss, um all das Verpasste, Verschlenderte, Verträumte neu zu entdecken. Diese Musik nutzt sich nicht ab. Zu finden ist sie auf dem zweiten Album "Und im Fenster immer noch Wetter", das Wittmer jetzt als Spaceman Spiff veröffentlicht hat und das er heute in der Prinzenbar präsentiert.

Und dann im Treppenhaus, hoch zu Wittmers Wohnung, um mit ihm über seine neuen Songs zu sprechen, tauchen sie schon wieder auf, diese Worte, die die Gedanken hin- und wegdriften lassen. "Die Logik hat nicht immer recht", steht da mit Edding an der Wand über den Stufen. Und unten auf dem Absatz hat jemand einen Blumentopf mit Blättern gemalt. Das ist doch das, denkt man sich, was Poesie ausmacht: die Wirklichkeit anders abzubilden. Und den Alltag kurz aus der Spur zu werfen.

Oben angekommen in der WG-Küche mit den alten Plattencovern an der Wand und dem vollen Abtropfgitter an der Spüle, sagt Wittmer: "Alles, wovon ich singe, ist durch mich gefiltert. Aber ich will meine persönlichen Erlebnisse so runterbrechen, das jeder seine eigenen Gefühlswelten drüberlegen kann." Während er erzählt, scheint die Sonne auf den Holztisch. Und Glenn Gould hämmert die Goldberg-Variationen aus der Anlage auf der Fensterbank. Wittmer nimmt das CD-Cover in die Hand und schaut belustigt durch seine Brille. "Das ist jetzt auch nicht so, als wenn ich hier immer in der Küche sitze und Bach höre", sagt er, als wolle er sich kurz für das Klischee des sensiblen Singersongwriters entschuldigen. Doch die Zeilen, die sich der 25-Jährige ausdenkt, sind es nun einmal: sensibel.

"Ist das eine Weiche, oder bin ich schon entgleist?", überlegt er in "Straßen". Seine Lieder suchen nach einer Position. Im Leben, in der Zeit, in der künstlerischen Freiheit. Sie fragen, was "all die Ichs von Morgen" bringen. Oder sie lassen Fußspuren hinter sich bei dem Versuch, statt dem Gestern das Heute zu sehen. "Ab Heute Immer Jetzt" heißt der Song, den Wittmer im Duett mit Hundreds-Sängerin Eva Milner aufgenommen hat. Häufig sind die Stücke reduziert arrangiert. Aber bei einigen Nummern hat er mit Musiker Felix Weigt Cello, Klavier und Geige eingebracht. Und bei seinem "Hamburg"-Song wogt Wellenrauschen heran.

Für Wittmer ist Musizieren eine Notwendigkeit. "Aber schneidet mir die Zunge ab. / Ich werde immer noch summen", singt er in "Treibsand". Ein heftiges Bild, das auf eine konkrete Situation zurückgeht. Im Frühjahr 2009, Wittmer war gerade von Würzburg in die Hansestadt gezogen, litt er an einer Sehnenscheidenentzündung. "Ich hatte Angst, dass das chronisch wird."

Und das passiert ausgerechnet einem, der mal zwei Semester Sport auf Diplom studiert hat, um Physiotherapeut zu werden. "Das war aber nicht das Richtige", sagt Wittmer und schaut entspannt unter seinen Locken hervor. Seit seinem zwölften Lebensjahr spielt er Gitarre. Mit 14 fing er an, Songs zu schreiben, anfangs in Bands in seinem Dorf, dem unterfränkischen Fuchsstadt, später dann immer mehr für sich.

Wie er sich und seine Songs verstanden wissen möchte, erklärt der Spaceman in "Tee", dem Stück, das sein Album beschließt. Zur sanft gezupften Akustikgitarre singt er: "Ich bin so sentimental, wie ihr euch fühlt." Und da sitzt der Hörer dann wieder, mit seinen eigenen Gedanken. Aber weniger allein.

Spaceman Spiff Di 22.3., Einlass: 19.00, Prinzenbar (U St. Pauli), Kastanienallee 20, Eintritt: 10,- an der Abendkasse; Infos unter: www.spaceman-spiff.de