Mikiko Sato, die Galerie der Woche, zeigt futuristische Installationen von Yoshiaki Kaihatsu. Sie bestehen allesamt aus Verpackungsmaterial.

Mikiko Sato Gallery. Katastrophen haben ihre Auswirkungen bekanntlich immer auch dort, wo sie gar nicht stattgefunden haben. Mikiko Sato kann ein Lied davon singen, ein trauriges und nachdenkliches, aber auch eines, das ihr Mut macht. Als die Hamburger Galeristin von dem Erdbeben und dem darauffolgenden Tsunami in Japan erfuhr, waren die ersten Meldungen noch wenig besorgniserregend. Bald aber realisierte sie das Ausmaß dessen, was geschehen war.

Seitdem hat sie täglich viel Kontakt zur Heimat, zur Familie, die nahe Sendai lebt, aber unversehrt blieb. Kontakt ebenso zu vielen Künstlern, Freunden und Bekannten. "Ein wenig", bekennt sie, "habe ich ein schlechtes Gewissen, nicht in meinem Land zu sein." Nicht dort sein zu können, wo die Katastrophe über ihr Vaterland Verwüstung, Elend, Not und Verzweifelung brachte.

Erfahren aber konnte sie auch eine plötzliche Hilfsbereitschaft. Besorgte Anrufe und Mails aus Deutschland erreichten sie, sogar Zimmerangebote für obdach- und schutzsuchende Künstler. "Das macht uns Mut", sagt Mikiko Sato begeistert - "dass jemand an uns denkt, das ist sehr wichtig."

Mikiko Sato führt am Hamburger Klosterwall eine bundesweit einzigartige Galerie, sie präsentiert Kunst von ausschließlich zeitgenössischen japanischen Künstlern. Momentan türmen sich in ihren Räumen Berge von Styropor. Aus den Verpackungsüberresten von Fernsehern, Waschmaschinen und vielen anderen Elektrogeräten hat der Künstler Yoshiaki Kaihatsu zum Beispiel eine Art Mondgefährt konstruiert. Es ist jungfräulich weiß wie der Schnee und augenscheinlich gängigen Hightech-Fantasien entlehnt.

Auf vier Beinen ragt das Ungetüm bis zur Deckenhöhe. Ein wenig erinnert dieser Klotz an den Roboter, den einst Sigourney Weaver in "Alien" bediente. Martialisch, aber dank des Materials federleicht zugleich, und überzogen mit einer Oberfläche, die an die großen Kinoraumschiffe mit ihren weiten Tälern und engen Schluchten auf ihrer Außenhaut mahnt. Ein schöner Kunstgriff ist das: aus den Negativformen moderner Technik in Form ihrer Verpackung samt Mulden, Hohlformen und Aussparungen diese erneut entstehen zu lassen.

Noch schöner aber werden sie, wenn Yoshiaki Kaihatsu seine Kunstwerke von innen beleuchtet und sie sich in energetisch aufgeladene Raumkörper verwandeln. Dann offenbart sich da eine augenzwinkernde Geste von Erleuchtung. Pur und leicht.

Eine weitere Styroporplastik integriert die Überreste einer Performance von Yoshiaki Kaihatsu anlässlich der Ausstellungseröffnung im Februar. Kaihatsu bewegte sich damals mithilfe zweier Assistenten wie ein Mondastronaut durch Hamburgs öffentlichen Raum. Leicht unbeholfen und wie schwerelos schwebte er über Treppen oder tapste hüpfend durch die Straßen. Seinen Raumanzug mit verspiegeltem Helm hat der 44 Jahre alten Künstler nun in eine spinnenförmige Styroporplastik integriert. Von oben herab schwebt sie wie ein Hightech-Engel auf den Galerieboden zu. Ein strahlendes Weiß, das sich da auf Erden zubewegt und sich offen für jede Interpretation im Zeitalter der technischen Machbarkeit allen irdischen Daseins zeigt.

Die kritischen, ironischen, nachdenklichen oder humorvollen Töne und Zwischentöne kann sich dabei jeder spielerisch selbst ausmalen. Anlässlich der Langen Nacht der Museen am 16. April bietet Mikiko Sato zwei Fotoarbeiten der Performance von Yoshiaki Kaihatsu an. Ihr Gesamterlös soll den Erdbebenopfern in Japan über das Rote Kreuz zukommen.

Mikiko Sato Gallery bis 16. April: Yoshiaki Kaihatsu - the year we make contact, Klosterwall 13 (U Steinstraße), T. 32 90 19 80; www.mikikosatogallery.com