Hamburg. Der Mensch ist das Produkt seiner Umstände. Je schlechter seine sozialen Ausgangsbedingungen, desto sicherer schlägt das Bestialische durch. Auf dieser naturalistischen Formel errichtete der französische Schriftsteller Emile Zola 1890 seinen Roman "Bestie Mensch".

In seiner Bühnenfassung, die jetzt in der Hamburger Botschaft Premiere hatte, setzt Schauspielhaus-Regisseur Clemens Mädge ganz auf die Reduktion und den Modellcharakter des Stoffes. In einer aus weißen Kuben errichteten Laborlandschaft begegnen sich die Darsteller mit all ihrem Lieben, Sehnen und Hassen in scheinbar pastellfarbener Unschuld. Die Texte führen sie jedoch so hölzern im Munde, dass die Statik und Distanziertheit das Monströse aller Beteiligten fast verschleiert.

Roubaud (Marco Albrecht) verdankt seinen Job als Bahnhofsvorsteher dem Patenonkel seiner Frau Séverine (Maria Magdalena Wardzinska), einem Eisenbahndirektor. Als Roubaud dahinter kommt, dass der Onkel seit frühester Jugend ein Verhältnis mit Séverine unterhält, sieht er rot. Beim Mord wird er von Jacques Lantier (Sören Wunderlich) beobachtet, der eigentlichen Schlüsselfigur des Dreiecks.

Der Lokomotivführer ist eine tickende Zeitbombe, innere Dämonen flüstern ihm ein, Frauen zu töten. Noch beschränkt sich seine obsessive Lust auf die Lok "La Lison". Sie wird zum Symbol für die Gier - nach dem Besitz geliebter Menschen. Bald wird Séverine zum Liebesobjekt. Es gibt bei diesem unheiligen Trio kein Entrinnen aus sozialer Determiniertheit, keinen Weg zum Glück. Lädt Zola die Lokomotive metaphorisch als mythisches Ungeheuer auf, bleibt hier ihre Rolle in dem um Nebenstränge verkürzten Psychothriller unsichtbar. Dafür ufern die Leerstellen und scheinbar bedeutungsvollen Pausen ins Quälende aus. Man hätte daraus einen aufregenden Theaterabend gestalten können.

Bestie Mensch nächste Vorstellungen 27.3., 29.3., 10.4., 20.4., 28.4., Hamburger Botschaft, Sternstraße 67, Tel. 24 87 13; www.schauspielhaus.de