Die Jazz-Musiker Nils Wogram und Simon Nabatov bieten Vierfarbjazz beim NDR

Hamburg. Die Röcke sind übers Knie, die Hosenbünde bis unter die Achseln gezogen. Manche schauen schüchtern, andere herausfordernd von den Leinwänden im Liebermann-Studio des NDR, stolz werden Fische und Kinder präsentiert. Die Porträtfotos des Amerikaners Mike Disfarmer erzählen vom Leben im ländlichen Arkansas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die Musik von Bill Frisell ist ihr wunderschöner Soundtrack. Am Donnerstag präsentierte er mit Geige, Bass und Pedal Steel Guitar, wie sich sein einzigartiger singender Sound noch mehr Richtung Country verschoben hat - nicht nur, weil im Programm US-Klassiker wie "That's Allright Mama" (ja genau, das von Elvis) auftauchen.

Die Stücke sind meisterhaft arrangiert, die Ähnlichkeit der Klangfarben sorgt für einen ebenso federleichten wie kompakten Klang. Dennoch blieb der Soundtrack in die Vergangenheit wie die blässlichen Fotos stellenweise ganz schön im Kitsche stecken.

Wie anders dagegen die Paarung Nils Wogram/Simon Nabatov vor der Pause! Auch in deren Spiel ist die Vergangenheit, der Swing der alten Tage, stets präsent (und manchmal sogar hörbar). Aber was die beiden (seit 1997) daraus höchst lebendig und abwechslungsreich machen, ist bestes Spielen zwischen den Stilen. Wogram bedient seine Posaune nicht nur schnell, präzise und mit seidenweichem Ton, er grunzt, gurgelt und röchelt sie. Nabatov schafft es, in zwei Takten fünf verschiedene Stilistiken organisch unterzubringen, da fließen die Finger und fliegen die Fäuste. Die Stücke beginnen häufig "harmlos" und stehlen sich dann zu solistischen Eskapaden ins Freie, Improvisation und Komposition wirken stellenweise ununterscheidbar, ein kleines griffiges Riff reicht aus, um eine Sinfonie zu improvisieren. Vierfarbjazz vor Schwarzweißmusik.