Das Salzburger Ensemble “Hagen Quartett“ begeistert mit Mozart, Beethoven, Webern - und hat sich doch seine jugendliche Entdeckerfreude bewahrt.

Seit 30 Jahren ist das Hagen Quartett nun schon auf den internationalen Kammermusikpodien zu Gast; die gemeinsamen Anfänge liegen sogar noch weiter zurück. Und doch hat sich das Salzburger Ensemble seine jugendliche Entdeckerfreude bewahrt: Das ist auf der neuen SACD (eine CD-Weiterentwicklung mit höherer digitaler Auflösung) in jedem Takt zu spüren. Alleine das Es-Dur-Quartett von Mozart klingt hier atemberaubend neu - aber eben nicht auf eine laute, sondern auf eine kammermusikalisch subtile Art.

Hinreißend, wie etwa der erste Satz in der Reprise wieder zu seinem zerbrechlichen Unisono-Thema zurücksinkt und damit die Rückkehr zum Anfang zu einer kleinen Sensation macht. Oder wie die Streicher alle Akzente und waghalsigen chromatischen Wendungen des Andante als kleine Stachel aus den weichen Linien hervorstechen lassen. Im Finale bringen uns die Interpreten endgültig aus dem Tritt: Wenn sie die Pausen zu Beginn einen Tick verlängern und das Taktgefüge durcheinanderbringen. Plötzlich ist das Thema ein Dialog aus Frage und Antwort; der Notentext wird zur musikalischen Sprache. Und so, wie sie bei Mozart unter der vermeintlich glatten Oberfläche dramatische Ereignisse und emotionale Abgründe zum Vorschein bringen, entdecken die Hagens bei Beethoven, umgekehrt, ganz zarte Seiten: Nur selten hat man den langsamen Satz aus seinem Quartett op. 59,2 so innig und verletzlich gehört. Da scheint die Geige mit belegter Stimme zu sprechen.

Es ist dieser Mut zu dynamischen und farblichen Extremen, der das Hagen Quartett zur vielleicht größten klassischen Kammermusikformation unserer Tage macht. Neben dem allerschönsten und wärmsten Streicherton beherrschen die vier Streicher eine schier unerschöpfliche Palette von fahl gehauchten Klängen bis zur beißenden Saitenattacke - und sie haben den Mut, diese Vielfalt einzusetzen, wie auch in den beiden extrem verdichteten Stücken von Anton Webern, die das aufregende Programm beschließen.

Das Hagen Quartett spielt Beethoven, Mozart und Webern (Myrios Classics)