Der walisische Popmusiker Gruff Rhys spielt heute Abend im Imperial-Theater. Während andere Briefmarken sammeln, steht er auf Haarshampoo...

Imperial-Theater. Das neue Album des walisischen Pop-Genies Gruff Rhys heißt "Hotel Shampoo", und diese schicke Namensgebung führt zur an sich völlig belanglosen Feststellung: Rhys hat auch ein begnadetes Haar-Talent. Irgendwie. Er hat halt volles, dichtes, dunkles Haar - wovon manche Männer seines Alters nur träumen können. Rhys, 40, hat sich gut gehalten, das gilt auch im übertragenen Sinne. Der Mann ist eine Indie-Legende.

Er ist seit mehr als zwei Jahrzehnten im Geschäft. Man kennt ihn als Chef der Super Furry Animals, die seit Beginn ihrer Karriere hochverehrte Kritikerlieblinge sind und mit ihrer Mischung aus verschiedenen Pop-Stilen stets jede Einordnung unterlaufen haben. Aber einige Etikette kann man ihnen doch ankleben: Britpop natürlich, und dazu immer wieder Elektro, Techno, Glamrock und Punk, manchmal auch den guten, alten Krautrock. Ein Album der Waliser war komplett auf Gälisch getextet. So zeigt man, dass einem kommerzieller Erfolg zwar nicht ganz egal, aber eben auch nicht alles ist.

Zehn Jahre ist es nun her, dass das größte Album der Super Furry Animals, "Rings Around The World" (fraglos einer der Klassiker der Nullerjahre), die Meisterschaft von Rhys und Kollegen auf einsame Höhen führte: Niemand schrieb derart betörende Songs, die nahe dran waren am Perfekten. Um sie sodann mit monströsen Beats oder grollenden Kakofonie-Kaskaden einzukassieren. Eine Wahnsinnsplatte.

So umwerfend waren sie davor nicht und auch danach nie wieder, sie blieben allerdings konstant auf hohem Niveau. Was Rhys, den begehrten Gast-Sänger, nicht davon abhielt, Solo-Platten aufzunehmen, auf denen er die bewährte Mischung zusammenrührte: Gälisches und Eingängiges, auch mal Akustisches. Aber er ließ den Pop-Gedanken auch einfach mal so stehen, ohne die Songs implodieren oder den Punk von der Leine zu lassen.

Zuletzt lieh Rhys seine Stimme den Projekten von Danger Mouse ("Dark Side Of The Soul", dem gemeinsamen Album mit Sparklehorse) und Damon Albarn (auf dem Gorillaz-Album "Plastic Beach"). Das unlängst erschienene "Hotel Shampoo" ist allein seine Sache, und diesmal entscheidet sich Rhys dafür, einfach nur, Verzeihung, saucool zu sein. Wie auf der Single-Auskopplung "Shark Ridden Waters", die zwar von Haien singt, aber niedlichen Indie-Pop meint. Produziert wurden Song und Platte übrigens von Andy Votel, der in England zu den wichtigsten Produzenten gehört.

Was er von Rhys' Shampoo-Manie hält, ist nicht überliefert. Dabei gibt die doch dem prächtigen Album seinen Rahmen. Von seinen zahllosen Hotelaufenthalten nahm Gruff Rhys im Laufe der Rockstarjahre ebenso zahllose Shampoo-Fläschchen mit. Andere sammeln Briefmarken, Gruff Rhys sammelt Haarshampoo - ist doch beides eigentlich genauso skurril. Aber mit den Shampoo-Flaschen kann man, im Gegensatz zu den Briefmarken, eine Art plastisches Kunstwerk schaffen. Rhys fügte die Shampoo-Flaschen zusammen (wie immer das dann aussah); in das entstandene Konstrukt, so erzählt er, konnte man sogar hineinkrabbeln. Das Cover-Artwork der Platte zeigt auch ein Kunstwerk: eine Collage aus zwölf der Hotel-Fundstücke.

Zwölf Songs sind dementsprechend auf der Platte, sie schimmern und glitzern. Sie sind entspannt und melodiös und basieren zumeist auf einem Piano-Motiv. Manchmal denkt man beim Hören der Songs an die Pop-Sensibilität Brian Wilsons. "Wenn man 40 ist, denkt man sich: Relax mal ein bisschen", hat Rhys unlängst in einem Interview gesagt. Und das hat er dann gemacht. Schön, dass "Altern" eben auch bedeutet, das Ungestüme und die teenage angst abzulegen, die ja oft auch einfach eine Panik ist, nicht genug abzubekommen vom Kuchen. Gruff Rhys hat genug abbekommen.

Mittlerweile benutzt er die Shampoos, die das Hotel spendiert, nur noch zur Körperpflege.

Gruff Rhys heute, 20.00, Imperial-Theater (Reeperbahn 5), U St. Pauli, Tickets 18,95. Informationen im Internet: www.gruffrhys.com .

Gruff Rhys gibt morgen um 18 Uhr auch ein Schaufensterkonzert bei Michelle Records (Gertrudenkirchhof 10)