Abendblatt Kolumnist Sven Amtsberg über den typisch deutschen Drang, immer für alles und jeden einen Verein oder Club zu gründen.
Müsste man drei Sachen benennen, die typisch deutsch sind, so würden laut Umfragen die meisten Menschen Disziplin, Hygiene und Vereine nennen. Das verwundert kaum, heißen doch die drei besten Freunde des Deutschen: Ordnung, Ordnung, Ordnung. Und so lässt sich etwa durch den kongenialen Kniff einer Vereinsgründung noch selbst die abwegigste Leidenschaft in das enge Korsett einer Struktur zwängen.
Vielleicht spürt man irgendwann den Drang, rote Dosen sammeln zu müssen, sich Renaissancebilder auf den nackten Leib zu malen oder aber Squaredance zu tanzen. Ein Trieb, der plötzlich da ist und mit aller Vehemenz fordert, ausgelebt zu werden.
Auch mir ging es so. Ich bin ein begeisterter Scharadefan und Pferdekostümfreund. Und auch mir machte all das anfangs Angst, und ich fragte mich, ist das alles wirklich noch normal? Diese Lust, nachts in einem Pferdekostüm durch Hamburg zu traben? Noch dazu mit einem fremden Menschen als Hinterteil desselbigen.
Doch seit ich beim Fffff bin, dem Verein falscher Pferdefreunde Fuhlsbüttel, weiß ich, dass die Antwort nur "ja" lauten kann.
So ein Verein wirkt wie ein Setzkasten für etwas, das eigentlich nicht in Setzkästen passt. Das Unerklärliche einer Leidenschaft verliert so an Unerklärlichkeit. Denn etwas, das auch andere empfinden, über das man Satzungen verfasst und um das auszuleben, man sich jeden Montag um 19.15 Uhr trifft, und wo es so etwas Bodenständiges wie Vorstand und Schatzmeister gibt, kann so pervers nun eigentlich nicht sein.
Heute heißen Vereine Clubs, und fast alles ist Club geworden, sogar Bars und Diskotheken. Diese Woche nun trifft sich der Klub der Töchter im Westwerk, und der Klub der Söhne wie immer in der "Mutter". Bald wird es sicher auch diese Trennung nicht mehr geben, dann wird die ganze Welt zu einem einzigen Club, und wir alle werden zu Mitgliedern im Verein des Lebens. Das habe ich schön gesagt.