Die Familiengeschichte des Hamburger Bankhauses M.M. Warburg & CO hat viele herausragende Menschen hervorgebracht. Eine seiner interessantesten Persönlichkeiten ist der Geisteswissenschaftler Aby Warburg, der 1866 in Hamburg geboren wurde.

Als Erstgeborener hätte Aby Warburg die Bank übernehmen sollen, aber schon als Kind fühlte er sich zur Wissenschaft berufen und traf mit seinem Bruder eine Vereinbarung: Aby verzichte auf sein Erbe, wenn Max im Gegenzug die Bezahlung aller Bücherrechnungen übernehmen würde. Diese Verabredung wurde lebenslang eingehalten. Aus der Arbeitsbibliothek entstand die Kulturwissenschaftliche Bibliothek mit über 60 000 Bänden, die 1926 in der Heilwigstraße eröffnet und bald zu einem international anerkannten Zentrum geisteswissenschaftlicher Forschung wurde. Als jüdische Institution musste sie 1933 nach London in Sicherheit gebracht werden.

Aby Warburg hat sich zeit seines Lebens mit der Frage beschäftigt, wie weit Ideen der Antike bis in die Bildwelt der Gegenwart hineinwirken. Seine Forschungsergebnisse hat er in zahlreichen Aufsätzen und Skizzen niedergelegt. Viele seiner Schriften wurden erst posthum veröffentlicht. Eine Auswahl aus seinen wichtigsten Arbeiten, darunter einige bisher unveröffentlichte Manuskripte, sind jetzt im Suhrkamp Verlag erschienen.

Im Herbst 1928 unternimmt Warburg mit seiner Mitarbeiterin Gertrud Bing eine Reise nach Italien, um das "Wesen des Symbols" zu erforschen. Beide führen ein gemeinsames Tagebuch, in dem Eindrücke und Kommentare notiert werden. Diese Tagebucheinträge wurden von der Kunsthistorikerin Karin Michels ausgewählt, kommentiert und mit historischem Bildmaterial versehen.

Die Absicht, mit diesem schönen Buch die Gedankenwelt Aby Warburgs Lesern zugänglich zu machen, die bisher mit seinem Namen mehr das Bankhaus denn eine kulturgeschichtliche Leistung verbunden haben, ist aufs Trefflichste gelungen. Das vergnügliche Reisetagebuch ist im neuen Hamburger Verlag Corso entstanden.

Aby Warburg: "Werke in einem Band", Suhrkamp Verlag, 988 Seiten, 68 Euro Aby Warburg: "Mit Bing in Rom, Neapel, Capri und Italien", Corso Verlag 144 Seiten, 26,90 Euro

In "Aufgeblättert" stellen im Wechsel Rainer Moritz (Literaturhaus), Annemarie Stoltenberg (NDR) und Wilfried Weber Bücher vor.