Pianist Piotr Anderszewski und Orchester begeisterten

Hamburg. Es muss nicht immer Beethoven sein. Auch dann nicht, wenn man "Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen" heißt und mit Beethoven die westliche Welt im Sturm erobert hat. Dass die Musiker das Erobern auch mit anderen Komponisten beherrschen, haben sie und der Pianist Piotr Anderszewski gerade in der Laeiszhalle vorgeführt. Die Leitung teilten sich Anderszewski und der Konzertmeister Daniel Sepec - und so kammermusikalisch, so innig verbunden wie Orchester und Solist wirkten, hätte ein Dirigent womöglich bloß gestört.

Beim einleitenden Concerto grosso c-Moll op. 6 Nr. 8 von Händel mussten sich die Musiker offenbar noch ein wenig warmspielen, bis die Auftakte ganz zusammen waren, bis der Ausdruck einheitlich war. Aber dann begann die Musik zu schweben, besonders in den kostbaren Miniaturen der drei Solostreicher. Zwei Jahrhunderte jünger als das Concerto grosso ist Witold Lutoslawskis streng gefasste, zwölftönige "Trauermusik" von 1958, ebenfalls ein reines Streicherstück. Hatten die Musiker bei Händel jede Wendung ausgeleuchtet wie auf dem Theater, so ließen sie bei Lutoslawski Klangflächen wie Eisschollen gegeneinanderkrachen und wahrten eine fast digitale Gleichmäßigkeit im Klang.

Herz und Seele des Konzerts aber waren die beiden Mozart-Klavierkonzerte mit Piotr Anderszewski. Beide Werke, das in B-Dur KV 595 und das in d-Moll KV 466, tragen schwer an der Bürde der Rezeptionsgeschichte. Besonders KV 595, Mozarts letztes Klavierkonzert, wird gerne als Schwanengesang interpretiert.

Anderszewski zeigte sich davon völlig unbeeindruckt: Seine Tempi wählte er flüssig, aber auch nicht betont sportlich. Er lotete Tiefen aus, ohne je kitschig zu werden; in einen winzigen Vorhalt konnte dieser Magier des richtigen Zeitpunkts die ganze Welt fassen. Vom Klavierhocker aus machte er mit der kleinsten Handbewegung klar, was er vom Orchester wollte. Gerade von den Mittelstimmen wollte er ganz viel - das ergab ein wunderbar farbiges, bewegtes Spektrum. Die Musiker folgten ihm in jede Ausdrucksnuance. Wer im Publikum hätte sich da über die paar Wackler beschweren wollen?

Unmittelbarer ist Livemusik nicht zu haben.