Bariton Moritz Gogg, 37, geboren in Graz, gehört zum Ensemble der Hamburger Oper.

Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, beschlossen meine Eltern, mich in die Welt der Oper einzuführen. Mit dem Geschenk einer Langspielplatte: "Hänsel und Gretel" von Engelbert Humperdinck. Diese Platte löste in mir den unbedingten Wunsch aus, einmal Opernsänger zu werden, denn auch ich wollte sie irgendwann singen - die Knusperhexe. Christa Ludwig sang die Hexe meiner Aufnahme, und sie zog mich mit ihrem Zauber sofort in ihren Bann.

Diese Hexe konnte tatsächlich zaubern, jawohl - und zwar mit ihren Klangfarben! Unzählige Gänsehäute rieselten mir den Rücken herunter, wenn sie den Kindern die Gliederstarre einhauchte oder hysterisch lallend den Hexenritt anstimmte. Meine Eltern nahmen es geduldig zur Kenntnis, dass ich nun täglich mehrere Male auf dem Wischmob meiner Mutter durch die Wohnung "flog", ein Seidentuch meiner Großmutter auf dem Kopf, und mit hohem Knabensopran dazu "Hopphopphopp, Galopplopplopp, mein Besengaul, hurropnichtfaul!" krakeelte.

Momentan gehört der Besenbinder aus dieser Märchenoper zu meinem Repertoire, jedoch möchte ich mir in fortgeschrittenem Alter den Lebenswunsch, die Hexe zu singen/interpretieren, tatsächlich erfüllen: Es gibt eine Baritonfassung dieser Mezzo/Tenor-Partie, mit der der einstige Volksopern-Direktor Kammersänger Karl Dönch legendär wurde. Dann schließt sich der Kreis, der im Kinderzimmer mit der Platte "Hänsel und Gretel" seinen Anfang nahm.