13 Jahre hat die Hamburger Künstlerin Mariola Brillowska an ihrem Trickfilm “Des Teufels Kinder“ gearbeitet, nun ist er endlich zu sehen.

Metropolis-Kino. Dies ist kein Kinderfilm. In der ersten Episode von "Des Teufels Kinder" lernen sich der Kommunist Adam und die Katholikin Ewa in der polnischen Textilarbeiterstadt Lodz kennen und lieben. Das Kind ihrer Liebe ist zwar geschlechtslos, dafür aber ist es genial: Es experimentiert, um der Evolution auf die Sprünge zu helfen, was den Vater letztlich in den Tod durch Suff treibt.

Was harmlos und hübsch gezeichnet beginnt, hat mit herrschender Zeichentrickniedlichkeit allerdings gar nichts zu tun. Seine radikale Umwertung ist das eigentlich Provokante an diesem Film, nicht die bisweilen ausgestellten Geschlechtsteile. Auch die übrigen fünf Episoden handeln davon, dass Kinder, die in einer inhumanen totalitären oder kapitalistischen Zukunftswelt aufwachsen, von ihren Erzeugern gepeinigt werden - und am Ende Rache nehmen.

Ihre Patronin ist die selbsternannte "Familienbeauftragte und künftige Präsidentin des Universums", Mariola Brillowska. Als solche kommentiert sie die Episoden ihres Films, die allesamt - die Eröffnungsepisode stammt von der polnischen Autorin Manuela Gretkowska - auf literarischen Vorlagen basieren.

"Durch die große Offenheit der Metropolen herrscht eine große Bedrohung für das Kind, wo es früher gemütlicher war", sagt Mariola Brillowska. Am liebsten würde die zweifache Mutter einen Elternschein für Paare fordern. Auch von der herkömmlichen Kernfamilie hält sie wenig. Der Zwang zusammenzubleiben treibe die Leute ins Unglück, in Streit und Trennung. "Man muss Familie anders begreifen", sagt die Künstlerin.

13 Jahre lang hat die Hamburger Malerin, Autorin, Performerin und Professorin an ihrem neuen, knapp einstündigen Trickfilm gearbeitet, monatelang hat sie Szene für Szene gezeichnet. Mit ihrem Animationsteam schuf sie später in Hamburg und Polen ein visuelles Kunstwerk: voll leuchtender Farben, bizarrer Zukunftswesen und Landschaften wie von einem anderen Stern - aber auch ganz realistischer Szenarien. Alles in allem ist dabei eine bewusste Überforderung jeder Wahrnehmungsfähigkeit herausgekommen. "Das Thema ist heute eher noch akuter als damals", sagt sie.

An diesem Dienstag stellt Mariola Brillowska "Des Teufels Kinder" im Metropolis-Kino vor, am Mittwoch noch einmal in der Galerie Blau.

Der Film hat eine Freigabe ab 18 Jahren als "Galerienfilm", nicht als Kinofilm. Dafür ist er zu explizit in seinen Aussagen und Bildern. In einer Episode etwa, die die Schriftstellerin Sibylle Berg beigesteuert hat, vegetieren zwei Jugendliche in einer kalten Hütte vor sich hin. Die Mutter liegt tot im Nebenzimmer.

Andere Episoden handeln von früh erwachender Sexualität, von zerstörerischer Lust, von der Radikalisierung Halbstarker auf dem Weg zum Mann.

Bei dem Spanier Fernando Arrabal halten in einer der schwärzesten Episoden die drogensüchtigen und völlig degenerierten Eltern ihr Kind wie eine Kellerassel. Das sind grausamste Zuschreibungen und Überspitzungen, die verstören. Die Seelen der "Teufelskinder" werden analytisch aufs Feinste seziert. Doch meist stellt sich irgendwann noch eine rettende Spur von Ironie ein. Auch der bewusst sachlich gehaltene Ton schafft Distanz. Bei der ersten Präsentation auf einem polnischen Animationsfestival wurde sogar gelacht, berichtet Brillowska.

Für seine pädagogischen Denkanstöße erhielt der Film das Prädikat "besonders wertvoll". Es ist ganz bewusst kein Experimentalfilm, wie frühere Arbeiten Brillowskas. Wo sie sich des Trashs oder Kitsches gerne mal im Übermaß bediente, hält sie sich nun zurück. Durchleuchtet die verborgenen Windungen der menschlichen Seele im konventionell Erzählten. Sie tut es auf künstlerisch schlüssige Weise, und das ist unbedingt sehenswert.

"Des Teufels Kinder" ab 18 Jahren, heute, 21.15, Metropolis-Kino (U/S Hbf.), Steindamm 52-54, Karten 6,-/erm. 4,-, www.metropoliskino.de ; 2.3., 20.00, Blau - Zimmer für Kunst und andere, Admiralitätstraße 71a (im Hinterhof), Internet: www.blau-zimmerfuerkunst.de