Im aktuellen Hamburg-“Tatort“ hat der ehemalige Thalia-Star Peter Jordan als Polizist wieder mal mehr zu melden als zu spielen

Hamburg. Würde der Hamburger Polizist Uwe Kohnau in einer Kurve gefilmt werden, könnte man ihn glatt mit einem Schluck Wasser verwechseln. Ohne Kohlensäure. Kaum ein "Tatort"-Kommissar ist so geschmacksneutral wie dieser Mann ohne besondere Kennzeichen, dem Peter Jordan seit 2008 Gesicht, Stimme und Statur leiht. Die Austauschbarkeit ist kein Versehen. Die ist Absicht. "Wenn du einen Spezialisten spielst, musst du dich damit abfinden, dass deine Aufgabe immer gleich bleibt. Pathologe ist Pathologe, seltsamer Nachbar ist seltsamer Nachbar."

Nachdem Jordan am Thalia bewiesen hat, wie vielseitig und präsent er ist, muss er nun eindimensional sein, zur sprechenden Requisite werden. "Ich war mir bisher nicht so ganz sicher, ob man mich wirklich braucht - außer als Gegenpart zu dem, der sich prügelt. Aber der braucht einen Chef, der ihm sagt, dass er sich verdammt daran halten soll, was man ihm sagt." Das mit dem Schluck Wasser sei ganz richtig. "Das ist aber auch die Ansage. Da ist die Herausforderung eher: Was lasse ich alles weg, was mache ich nicht? Man könnte jetzt sagen, dass jeder andere Idiot den Job machen könnte", grinst er. "Mich haben sie aber genommen."

Kleine Kunstpause für den Pointengenuss, entspanntes Lächeln in einer vertrauten Umgebung. Peter Jordans alte Thalia-Garderobe. In gut zwei Stunden beginnt Grillparzers "Die Jüdin von Toledo", das Burgtheater-Gastspiel, bei dem der frühere Haus-Star die Hauptrolle spielt. Und er sitzt so unaufgeregt am Schminktisch, als sei sein zweiter Vorname Valium.

Auch in "Leben gegen Leben", dem mittlerweile vierten Hamburg-"Tatort" mit Mehmet Kurtulus als Undercover-Ermittler Cenk Batu, ist Kohnau nur die Rolle des zweiten Manns vergönnt. Es geht um skrupellose Organ-Dealer, die sich ihre Dienste teuer bezahlen lassen. Auch dieses Mal darf Batu als öffentlich-rechtlicher Elb-Jack Bauer austeilen und einstecken. Zum Thema Action-Kohnau hat Jordan eine klare Meinung: "Prügeln und so, das ist die Aufgabe von unserem Mehmet. Ich weiß gar nicht, ob mir das steht und ob das bei mir überhaupt aussieht. Er kann das sehr gut." Kohnau darf Dienstanweisungen geben und hoffen, dass ihm alle gehorchen. "Informationen zu verteilen ist sehr undankbar. Nicht punkten können, das ist da sehr extrem und sehr anstrengend. In dieser Rolle hat man auch ein bisschen die Arschkarte", amüsiert sich Jordan, dezent natürlich.

Mit etwas Glück könnte Kohnau womöglich vergönnt sein, demnächst etwas Eigenleben von den Drehbuchautoren spendiert zu bekommen. Kurtulus und Jordan haben für sechs "Tatorte" unterschrieben, ob und wie es danach weitergeht, das müsste man demnächst mal besprechen, sagt Jordan. Man könnte so viel machen - Batu ermittelt gegen seinen Vorgesetzten Kohnau, Kohnau spannt Batu das Mädchen aus, Batu verknallt sich in Kohnau oder umgekehrt ... Im Extremfall womöglich sogar, wie damals bei Manne Krug, eine hübsche Gesangseinlage? Singen kann Jordan bekanntlich auch. "Ja, das könnte ich", sagt er. "Ich könnte einiges. Aber all das passt nicht zu dieser Figur."

Momentan hat Jordan ohnehin anderes im Hinterkopf: Regie-Debüt, in seiner Geburtsstadt Dortmund, Shakespeare, "Macbeth". Am 12. März ist Premiere. Wenn schon, denn schon, könnte man das deuten. Oder als Dilettanten-Größenwahn bestaunen. Doch auch hier sind Jordans Gründe bodenständig. Er wollte das Stück mal wieder so sehen, wie er es lange nicht gesehen habe. Leere Bühne, Schauspieler, die raufhüpfen, was machen, wieder runterhüpfen. Und dann feixt er über diese Aufgabe: "Scheitern muss sich wieder lohnen. Warum nicht ein Stück, das sowieso schwer ist." Der Theaterdirektor habe ihn ein Jahr bearbeitet. "Ich wollte nie inszenieren. Aber irgendwann dachte ich: Warum eigentlich nicht?"

Die Rampensau, die Jordan so gut drauf hat, wird schon früh genug wieder zu ihrem Recht auf großen Auftritt kommen. Möglicherweise steht er demnächst in seiner neuen Heimat Berlin auf der Bühne des Deutschen Theaters. Im Sommer hat er wieder den Salzburger "Jedermann"-Teufel auf dem Plan, eine prächtig knallchargierende Rolle. Und irgendwann auch wieder eine Runde Kohnau. Mit einem Peter Jordan, der das Reduzierte genießt: "Ich bin zwar sehr diszipliniert, aber auch ein wirtschaftlicher Schauspieler: Was nicht nötig ist, mach ich nicht. Wenn ein Regisseur sagt, bleib die ganze Zeit da hinten sitzen, bleib ich die ganze Zeit da hinten sitzen." Kann ja auch nicht jeder.

Tatort "Leben gegen Leben", 27.2., 20.15 Uhr, ARD