Ohne Noel Gallagher legen die Oasis-Nachfolger Beady Eye ein recht gutes Album vor

Hamburg. Die große Fresse zieht nicht mehr, anscheinend. "The Roller", die erste Single der Rockband Beady Eye, schaffte es in den englischen Charts nur auf Platz 31. Für den Song einer Band, die gerade erst ihr Debüt veröffentlicht, doch gar nicht schlecht, mag mancher einwenden. Nun muss man aber wissen, dass Beady Eye nicht irgendeine hoffnungsvolle Musikgruppe ist, sondern die Nachfolgeband von Oasis, wenn man so will. Die verkaufte einst Waggonladungen von CDs, weshalb sich der Erfolg von "The Roller" dann doch eher bescheiden ausnimmt.

Man hatte mit Spannung auf diese erste Beady-Eye-Platte mit dem programmatischen Titel "Different Gear, Still Speeding" gewartet, sie entscheidet allerdings nicht alleine über die Qualität der Post-Oasis-Zeit.

Denn Noel Gallagher, dessen Abgang vor zwei Jahren das Ende von Oasis bedeutete, galt als das Genie der Band. Er schrieb ihre größten Hits. Und darf sich jetzt, da er mit seinem Solo-Album längst nicht fertig ist, wie üblich in Angelegenheiten, an denen Gallaghers beteiligt sind, die großkotzigen Sprüche seiner Ex-Band anhören. Der Größenwahn hat immer noch Methode, und so schwärmte Gitarrist Gem Archer vollmundig "von der besten Sache, an der er je beteiligt war". Noels Bruder Liam Gallagher findet das Album "Different Gear, Still Speeding" auch glorreich. Wir finden das nicht, halten aber fest: Das erste Album von Beady Eye ist besser als gedacht. Sogar viel besser.

Es ist nämlich so, dass Liam Gallagher, Gem Archer und Andy Bell, die zusammen mit Schlagzeuger Chris Sharrock Beady Eye bilden, doch Songs schreiben können. Den Beweis waren sie bislang schuldig geblieben.

Die 50 Millionen verkauften Oasis-Platten sind jedenfalls unbedingt Noel Gallagher zu verdanken, der mit "Wonderwall" und "Don't Look Back In Anger", unter anderem, zwei Songs für die Ewigkeit schrieb. In den Neunzigern, das waren die großen Jahre der sehr britischen Band, die oft einfach nur die Beatles nachspielen wollte und dabei sogar erfolgreich war.

Durch die Nullerjahre schleppte sich der Musikerverbund um das heißblütige Bruderpaar, die Platten wurden immer schlechter, da waren die großen Kleptomanen ziemlich konsequent. Die Auflösung war der letzte Akt eines langsamen Verschwindens.

Er wolle auf der anstehenden Tournee Beady Eyes kein einziges Oasis-Stück spielen, hat Liam Gallagher gesagt. Braucht er auch nicht: Die neuen Songs sind immer wuchtig, oft auch catchy - und klingen definitiv eher nach den Rolling Stones. "Beatles and Stones" heißt ein Stück, und so hören wir neben erdigem Stones-Rock auch wieder Liams Zeugnisse ziemlich unkritischer John-Lennon-Verehrung ("The Beat Goes On"). Trotzdem alles in allem: Gefällt.

Beady Eye: Different Gear, Still Speeding (Indigo). Konzert am 30.5. in der Großen Freiheit 36.