Was machen Country-Sängerinnen, wenn ihr Konzert vorbei ist? Sie gehen trinken . Auf einen Whiskey (oder zwei) mit Caitlin Rose und ihrer Band.

Hamburg. "Hey, hast du auch so eine tolle Nacht wie wir?", fragt Caitlin Rose den Taxifahrer, ihr amerikanisches Englisch ist erstaunlich gut zu verstehen. Sie sitzt vorne, ihren viel zu großen, gemusterten Rucksack hat sie ganz unprätentiös zwischen ihre Beine geklemmt. Draußen fegt der Schnee durch St. Pauli, Caitlin, die junge Countrysängerin aus Nashville, blickt aus dem Fenster: Der Kiez, der U-Bahnhof St. Pauli, das Stadion rauschen vorbei.

Sie will jetzt trinken, sagt sie, am besten Whiskey, obwohl in ihrer Hand noch die Astra-Flasche aus dem Backstagekühlschrank klebt. "Hamburg is fucking great!", ruft sie uns zu, wir sind auf dem Weg in die Mutter am Pferdemarkt, ihr Konzert in der Prinzenbar ist da gerade mal ein paar Augenblicke her. "Das Problem daran, der Hauptact zu sein, ist, dass man vor der Show einfach zu viel Zeit hat, sich zu betrinken", ruft Rose. Es sind die ersten Worte ihres Konzerts in der Prinzenbar, da schwant einem kurz Böses. Doch die Amerikanerin ist noch nüchtern genug, die tollen Songs ihres Albums "Own Side Now" zu spielen: Mit ihren Musikerfreunden Spencer Cullum Jr. und Jeremy Fetzer, die ebenfalls Gitarre spielen, singt sie traurige Nummern über blöde Typen aus New York, Seelendesaster und zu viel Alkohol: "My songs are all just f*** sad", sagt sie mit gespieltem Kummergesicht und lacht wieder. Caitlin Rose, 23, bricht als Person mit dem Image der perfekten Country-Welt, diesem Zuviel an Natürlichkeit, an Lederjacken, an Zigaretten. Obwohl sie musikalisch fast lupenrein dieses Genre bedient. Aber eben nur fast.

Sie prostet ihrem Support John Black zu, einem jungen irischen Songwriter, der so einfühlsam und cool wie Conor Oberst klingt und betrunken seine Rotweinflasche in die Luft streckt. Es ist ihr erster gemeinsamer Auftritt. In ihrem letzten Song müssen alle einstimmen in ein Lied, das die Suche nach Antworten am Grund der Bierflasche thematisiert und erklärt, dass man bei der feuchten Suche die Frage selbst wieder vergisst. Damit kennt sich Rose aus, das beweist sie in der Mutter.

Wir sitzen um einen Tisch im großen Raum der liebevoll verranzten Kneipe. Caitlin Rose, ihre Band, Musiker aus Hamburger Bands, ein Fan-Journalist und andere Freunde für eine Nacht. Der Aschenbecher quillt schon nach einer halben Stunde über. Rose raucht ihre Winston, bietet allen eine an und erzählt, dass John Black ihr eine Schachtel Zigaretten aus Shanghai nach Hamburg mitgebracht hat, weil er ihren Song "Shanghai Cigarettes" so mag. John grölt derweil irische Volkslieder, er singt sie wirklich laut, schlägt dazu mit der Faust auf den Tisch, gleich darauf nimmt er Caitlin zärtlich in den Schwitzkasten und beteuert ihr seine Liebe. Die beiden kennen sich erst eine Nacht, doch diese Nächte verbinden.

John Black ist Ire, er möchte tanzen. Inzwischen ist er wirklich betrunken. Er steht in der Mitte des Raumes, dirigiert den schunkelnden Tisch, verschwindet um die Ecke, kommt mit aufgeknöpftem Cowboy-Shirt wieder zurück und sorgt für Glück und Gelächter.

Die Band stimmt ein, Pilsener Urquell vom Fass schwappt über, als Spencer einen freundschaftlichen Schlag auf die Schulter bekommt. Caitlin ist weniger zum Lachen. Sie hat Whiskey bestellt und bekommt einen Scotch, den sie verdammt noch mal hasst. "Du musst den jetzt trinken!", sagt sie, na gut, dieser Frau schlägt man lieber keinen Wunsch ab: Zu hübsch ihr von dunklen Haaren umrahmtes Gesicht, zu mitreißend ihr Verve, zu bestimmt ihre Art, zu schön, ihr zuzuhören. Vor allem, wenn sie erzählt, dass sie mit 16 am liebsten Punkbands wie Bikini Kill gehört hat. Jetzt ist sie eine große Hoffnung der alternativen Country-Szene.

Irgendwann sitze ich im Taxi nach Hause. "Hattest du auch so einen geilen Abend wie ich?", frage ich den Taxifahrer, in erstaunlich gut verständlichem Deutsch.