Hamburg. Schillernd-chromatische Akkorde, Tremoli und Kaskaden aus flüchtigen 16tel-Noten: Pierre-Laurent Aimard zeichnete bei seinem Gastspiel am Montag in der Laeiszhalle die Geschichte des pianistischen Klangzaubers nach. Von Liszt über Ravel, Bartók und Messiaen bis zum Zeitgenossen Marco Stroppa führte die Ahnenreihe. Zwischenapplaus hatte sich der Meister höflichst verbeten, und so konnte er seine Erzählung, nur von der Konzertpause unterbrochen, in zwei riesigen Spannungsbögen entfalten.

Dafür war die Konzentration seines Publikums am Ende der Darbietung offenbar so erschöpft, dass es nicht mal mehr die Kraft hatte, sich noch eine Zugabe zu erklatschen.

Dabei war das Konzert im Laufe des Abends immer besser geworden: Im Kleinkrieg mit einem schlecht justierten Pedal, das beim langsamen Absenken hässliche Schwebungen produzierte, wirkte Aimard im ersten Teil des Konzertes eher angespannt. Das kristalline, harte Funkeln von Messiaens "Mittelmeersteinmätzer" gelang erwartungsgemäß gut, doch in Liszts "Vogelpredigt" und "La vallée d'Obermann" geriet manches, was man wohl weicher und sanglicher zu hören gewohnt ist, irritierend nüchtern und deklamatorisch.

Mit neuem Flügel, ohne Noten und Umblätterer startete Aimard in die zweite Hälfte. Die zukunftsweisende, radikale Expressivität in Liszts "Aux cyprèses de la Villa d'Este I" beeindruckte nun ebenso wie die subtilen Schattierungen von Farbe und Intensität in "Le jeux d'eau à la Villa d'Este". Absolut in seinem Element war Aimard schließlich bei Ravels "Miroirs". In dieser Musik kommt zum brillanten Klangzauber jenes Maß an intellektueller und rhythmischer Vertracktheit, bei der einer wie Aimard erst zur Höchstform aufläuft.