Lange ist es her, dass Pe Werner hemdsärmelige Schlager sang. Heute spielt die Chanteuse und Songschreiberin Kabarett in den Fliegenden Bauten.

Fliegende Bauten. "Was machst du nun in dieser Stadt. Bleibst du oder ziehst du aus? Ein Klingelschild macht kein Zuhaus." Ein kräftiger Hauch Melancholie und großstädtische Vereinzelung weht durch "Nur ein halber Mond" wie durch die meisten Balladen auf Pe Werners aktuellem Album "Im Mondrausch". Manch einer, der ihren Weg nicht ständig aufmerksam verfolgt hat, wähnt die Sängerin und Songschreiberin als ein Fall für die Rubrik "Was macht eigentlich?". Zu Unrecht. Seit den 80er-Jahren hat sie sich einen stabilen Ruf als Kabarettistin mit Kopf, als filigrane Jazz-Sängerin und Songpoetin ersungen und erspielt.

Man täte ihr unrecht, wenn man sie auf die frühen eher hemdsärmeligen Schlager ihrer Alben "Weibsbilder" (1989), "Kribbeln im Bauch" (1991) oder "Los!" reduzierte. Denn frei nach dem Titel ihres 2002 erschienenen Buches "Mehr als Kribbeln im Bauch" hat Frau Werner viele Talente, und man darf froh sein, dass sie doch nicht Frisörin und Maskenbildnerin geworden ist, so wie sie es ganz früher einmal wollte. Seit Anfang der 80er-Jahre trat die gebürtige Heidelbergerin in der regionalen Kleinkunst- und Kabarettszene auf, etwa in den Ensembles Rosa Zeiten und Alarmstufe Pink. Sie komponierte und textete auch für andere, etwa für die anspruchsvolle Chanteuse Katja Ebstein.

Unzählige Musik-, Kleinkunst- und Autorenpreise zieren heute Pe Werners Vitrine. Für das Konzeptalbum "Im Mondrausch" erntete sie soeben den German Jazz Award. Etliche der Lieder, die sich alle irgendwie um den Mond, aber natürlich auch um die Höhenflüge und Fallstricke der Liebe drehen, wird sie bei ihrem aktuellen Kabarett-Programm "Turteltaub" singen, mit dem sie heute Abend in den Fliegenden Bauten gastiert.

Das neckische Wortspiel gibt programmatisch die Richtung für einen kammermusikalischen Abend rund um das beliebte Thema Herzschmerz vor. "Da hängt ein rosa Mond im Himbeerhorizont", singt sie weinselig in "Rosa Mond". Es habe sich ausgebluest, wirft sie dem abgemeldeten "Mondmann" hinterher. "Das ist eine musikalische Standpauke an den Kerl, der erst das Blaue vom Himmel verspricht, sich aufbläst und dann dünne macht, wenn frau ihn braucht", sagt Pe Werner. Oder sie belächelt ironisch zu buchstäblich dick aufgetragenem Bigbandsound die eigenen Rundungen mit Liedzeilen wie "Fett schwimmt oben" in "Vollmondgesicht". Nach eigenen Angaben hat sie Dutzende Diäten ausprobiert - und ist am Ende doch eine "bekennende Pralinikerin" geblieben.

Die Musik zitiert fröhlich aus dem großen Popfundus: "König der Nacht", die Melodie zum Duett mit Stefan Gwildis, ist unverkennbar Stings "Sister Moon" entlehnt. Für die Variante von "Windmills Of Your Mind" muss der deutsche Udo-Lindenberg-Text "Unterm Säufermond" herhalten. Und in der eigenwilligen Schlafliedvariante "Der Mond ist aufgegangen" nach Matthias Claudius teilt sie sich das Mikrofon mit einem erstaunlich wenig schläfrigen Xavier Naidoo. Doch sie findet auch ernste Töne. Ihrem durch Freitod aus dem Leben geschiedenen Vater widmet sie "Der Mond ist aus Papier". Für die Bühne hat ihr Produzent und Arrangeur Wieland Reißmann die mit dem Prager Symphonie-Orchester und der WDR-Big-Band eingespielten Songs für kleine Besetzung eingerichtet. Paul Grabinger begleitet die heute in Köln lebende Sängerin am Flügel, flankiert von Adam Zolynski, Violine, und Martin Bentz, Cello, von den Strings De Luxe aus Hamburg. Nein, das ist keine Marke für Luxusdessous. Der Ton der Songs erinnert einfach vielfach an Chansons aus alten Zeiten.

Inhaltlich lässt sie die Klischees von Vollmond, Schlaflosigkeit und Sehnsucht mühelos hinter sich. Mit der schnöden Eintönigkeit, wenn "die Gewohnheitsstiefel Seite an Seite im Schrank stehen", und mit dem verzweifelten Versuch, das eigene "Beuteschema" zu durchschauen, kennt sie sich aus. Sicher ist, wenn Pe Werner ihre Auftritte mit Glossen und Anekdoten über Partnersuche, Frustration und Misserfolge würzt, findet sie einen aufrichtigen Ton.

Pe Werner: Turteltaub heute, 20.00, Fliegende Bauten (U St. Pauli), Glacischaussee 4, Karten von 23,90 bis 32,90 unter T. 47 11 06 33; Internet: www.fliegende-bauten.de