Die 61. Berlinale geht zu Ende. Ein Rückblick auf zehn tolle Tage

Berlin. Was hat der begnadete Colin Firth gerade in Berlin gesagt? "Das englische Königshaus hat so viele Leichen im Keller, dass man noch viele Filme darüber machen kann!" Nur zu, möchte man sagen, wenn so etwas Überwältigendes wie "Die Rede des Königs" dabei herauskommt. Stephanie zu Guttenberg ist übrigens auch auf der Party gewesen, zu der die Macher des für zwölf Oscars nominierten Films ins feine Palais am Festungsgraben eingeladen hatten. (Gereicht wurden Tee-Cocktails!) Firth sei ein großartiger Schauspieler, hat sie da gesagt, und dass sie seine Arbeit schon lange verfolge. Was einen Kollegen zu der bissigen Bemerkung inspirierte, solange die Frau des Bundesverteidigungsministers keine Doktorarbeit über Firth schreibe, sei ja alles in Ordnung.

Sonnabend Abend gehen die 61. Berliner Filmfestspiele mit der Verleihung der Bären zu Ende. Die Kritiker drücken fast ausnahmslos die Daumen, dass Asghar Farhadi gewinnen möge. Und sie haben sich schon gefreut zu hören, dass Isabella Rossellini das offenbar genauso sieht. Die Jury-Präsidentin soll sich hinter verschlossenen Türen schon klar für das großartige persische Mittelstands-Drama "Nadar und Simin, eine Trennung" ausgesprochen haben. Apropos Persien: In Berlin sah man in diesen Tagen an verschiedenen Orten Plakate, die mit der Frage beschriftet waren "Wo bleibt Jafar Panahi?". Das wird die Mullahs, die mit Sicherheit ihre Zuträger in Berlin haben, nicht amüsiert haben. Der Jury-Stuhl, den Panahi eigentlich hätte einnehmen wollen, ist also leer geblieben. Der dem Regime unbequeme Filmemacher sitzt nach wie vor im Gefängnis. Würde ausgerechnet ein Film aus dem Iran den Goldenen Bären erhalten, wäre das angesichts der Lage ein Paukenschlag.

385 Filme sind in diesen zehn Februartagen zu sehen gewesen. Es gibt Kollegen, die fünf pro Tag geschafft haben. So sahen sie dann auch aus. Hohläugig. Manchmal auch leicht verbittert, wenn sie irgendwelchen Mist ertragen hatten. Zum Beispiel Victoria Mahoneys Erstling "Yelling to the Sky", der es aus völlig unverständlichen Gründen in den Wettbewerb geschafft hatte. Langweiliger als diese Elendsplattitüden ist da wirklich nichts gewesen. Dagegen war ja sogar der koreanische Beitrag "Kommt Regen, kommt Sonnenschein" ein Kracher, in dem man sich eindreiviertel Stunden lang angucken musste, wie sich ein trotteliger Ehemann von seiner Frau zwiebeln ließ.

Auf den Pressekonferenzen hat dieses Mal zweifellos Miranda July den Vogel abgeschossen. Die Frau, die eine Katze zur Off-Erzählerin ihres Films "The Future" machte, in dem ab und zu ein T-Shirt hinter der Hauptdarstellerin (Miranda July) hermarschierte. Was für durchaus erstaunliche Momente sorgte, die aber nicht jedem gefielen. Als jemand auf der Pressekonferenz zu sagen wagte, das Ganze sei wohl eher ein Film von einer Mittdreißigerin für andere Mittdreißiger, flippte July aus. Nach dem Motto: "Wenn mein Film Frauen um die sechzig nicht gefällt, dann ist mir das völlig schnuppe. Mit sechzig mache ich vielleicht andere Filme, und diese Frauen sind dann tot!" Very charming.

Zuweilen hat sich der eine oder andere Kollege für das, was er da absitzen musste, beim Schreiben gerächt. So konnte man in der "Berliner Zeitung" über Andres Veiels RAF-Film "Wer, wenn nicht wir" lesen, offenbar habe der Regisseur Alexander Fehling vorher nicht gesagt, dass er Andreas Baader spiele und nicht Rex Guildo ...

Alles in allem sind es aber wieder zehn tolle Tage gewesen.