Hamburg. Das Bild ist deutlich. Katrin Plötzky stellt eine riesige offene Fastfood-Aluschale hochkant auf die Bühne. Der aufgeklappte Deckel dient als Spielfläche für Roland Schimmelpfennigs bedeutungsdampfende Szenenfolge aus dem China-Imbiss Der goldene Drache. Klaus Schumacher hat das Theaterstück des Jahres 2010 im Schauspielhaus praktikabel verpackt und genussfertig angerichtet. Nach dem Schlussapplaus zu schließen, delektierte sich das Publikum an der brav servierten Theater-Hausmannskost.

Im Haus des Schnellrestaurants Der goldene Drache kreuzen sich die Wege. Ein junges Paar erwartet ein ungewolltes Kind. Ein anderes trennt sich im Streit. Der geizige Ladenbesitzer, genannt die Ameise, vermietet eine junge Chinesin, genannt die Grille, an brutale Freier. Sie ist die Schwester des an Zahnweh leidenden Jungen unten in der engen, heißen Garküche. Die illegal eingewanderten Geschwister suchen sich und das Glück im Gastland. Vergeblich. Die beiden finden nur den Tod ...

Das moderne Märchen über Ausbeutung in der Globalwirtschaft wie in erotischen Beziehungen komponierte der Dramatiker als poetisches Sprachspiel, in dem die fünf Akteure ständig die Figuren wechseln und Situationen kommentieren. Alte spielen Junge, Männer die Frauen und umgekehrt. Sie spiegeln damit auch deren Wunsch, jemand anderes sein oder ein anderes Leben führen zu wollen. Appelliert der Autor in seinem distanziert erzählerischen Theater an die Zuschauerfantasie, misstraut ihr Schumacher und neigt dazu, die Szenen illustrativ vorzukauen. Noch dazu begnügen sich die Schauspieler häufig mit Darstellungsklischees. Statt skizzenhaft satirischer Feinzeichnung spielen sie die Charaktere chargenhaft aus, geben ihnen oft kabarettistische Züge - allen voran Irene Kugler als sturzbetrunkene Ameise. Auch Hermann Book und Hanns Jörg Krumpholz können sich als Flugbegleiterinnen nicht verkneifen, auf kesse Fräuleins zu machen.

Muss Katharina Schmidt nicht mehr die frustrierten Macho-Typen mimen und als chinesischer Küchenjunge vor Zahnweh brüllend zappeln, findet sie im Schlussmonolog zu unverstelltem Ausdruck. Auch Sören Wunderlich als dessen missbrauchte Schwester (Wozu die lächerlichen Fasanenfedern-Fühler aus dem Jugendtheater?) glücken anrührende Momente.

Der goldene Drache 19., 24.2., 3. u. 9.3., 20.00, Schauspielhaus, Karten: T. 24 87 13