Hamburg. Finnen sind nicht nur skurril und immer für ein hochprozentiges Kaltgetränk zu haben, sie verfügen manchmal auch über bewunderungswürdige Contenance. Eine weniger wohlerzogene Band als die des Trompeters Verneri Pohjola hätte das Schülerklavier, das die "Rantakala"-Veranstalter sich ihrem Pianisten Aki Rissanen auf die Bühne des Schmidt-Theaters zu stellen trauten, vermutlich wutentbrannt von selbiger gekippt. Wegen des an Konzertstandards gemessen unterirdischen Instruments ist es kaum möglich, den Auftritt fair zu beurteilen.

War etwa der zaghafte Beginn nur dem Schock über diesen tauben Kasten geschuldet? Pohjola hat gerade mit "Aurora" ein sehr abwechslungsreiches Album veröffentlicht. Intensität, Tiefe und Vielfalt der Studioproduktion entfalteten sich in der reduzierten Quartettbesetzung auf der Bühne jedoch nur in Spurenelementen. Dabei laufen im Spiel des exzellenten Trompeters so unvereinbar scheinende Traditionslinien wie die von Freddie Hubbard mit der Jon Hassells zusammen. Aber die Band muss noch reifen.

Finnen schreiben manchmal auch ganz schön komplizierte Bigband-Partituren. Und wenn dann nicht ausreichend Probenzeit bleibt, merkt man das. So hob die NDR Bigband in den oft hakligen Tutti-Passagen der hörbar stark vom Landleben inspirierten Suite des Gitarristen Kalle Kalima kaum je vom Boden ab - dabei ist das Zum-Fliegen-Bringen auch von Jazz jenseits fett rollenden Swings sonst ihre Spezialität. Umso feiner die schlanker instrumentierten Passagen. Claus Stötter blies ein großes Trompetensolo, und Peter Bolte spielte im Duett mit dem beeindruckenden Kalima sein schönstes Altsaxofonsolo seit ungefähr 15 Jahren. (TRS)