Leïla Marouane erzählt vom “Sexleben eines Islamisten in Paris“

Mohammed ist 40, als er eines Abends nach der Arbeit nicht mehr zurückwill in sein altes Leben im nördlichen Pariser Vorort Saint-Ouen. Seit seinem zehnten Lebensjahr lebt er dort mit seiner Familie und erfüllt sein Pflichtprogramm: Studium, Moscheegänge - nur geheiratet hat er zum Leidwesen seiner Familie immer noch nicht.

Der Elite-Uni-Absolvent feilt wie besessen an seiner Banker-Karriere, hellt seit Jahren seine Haut auf und nennt sich im Job Basile Tocquard. Den braven Sohn algerischer Einwanderer hat er beruflich begraben. Nun will er endlich auch privat wie ein französischer Single leben, der sich - so seine Vorstellung - jeden Abend mit einer anderen Frau amüsiert.

In Leïla Marouanes viertem Roman, "Das Sexleben eines Islamisten in Paris", versucht ein nicht mehr ganz junger jungfräulicher Mann, der stark im Islam verwurzelt ist, ohne Trauschein seine Sexualität auszuleben. Man ahnt, dass er einige Hindernisse überwinden muss; die meisten Steine legt er sich jedoch selbst in den Weg. Besonders amüsant schreibt Marouane über Mohammeds Vorurteile den eigenen Landsleuten gegenüber. Der Sohn eines ehemaligen Gastarbeiters mietet eine imposante Wohnung, die er mit Möbeln "vom Feinsten" bestückt. Für unverbindlichen Sex sucht er nach christlichen Französinnen. Dummerweise lernt er nur Musliminnen kennen, die er nicht "entweihen" will, auch wenn sie sich nichts sehnlicher wünschen. Leïla Marouane, die in Algier Medizin und Literaturwissenschaft studierte, als Journalistin arbeitete und in ihrer Heimat wegen ihrer feministischen und islamkritischen Haltung mehrfach sogar körperlich angegriffen wurde, lebt seit 1990 in Paris.

In dieser amüsanten Einwanderer-Satire rechnet sie schonungslos mit der Doppelmoral frommer Männer, fürsorglicher Mütter, der Macht muslimischer Ehefrauen ihren Männern gegenüber und der Ungleichbehandlung von Einwanderern in Frankreich ab. Ihr Mohammed ist ein Mann, in dessen Kopf zwei Stimmen miteinander streiten: die des gläubigen Muslim und Migranten und die des in Frankreich aufgewachsenen Intellektuellen. Auch wenn Mohammed nicht nur Opfer ist - in seiner Zerrissenheit, dem Druck, dem er ausgesetzt ist, und seiner Ungeschicklichkeit bei Frauen kann er einem manchmal ganz schön leid tun.

Leïla Marouane: Das Sexleben eines Islamisten in Paris. Aus dem Französischen von Marlene Frucht, Nautilus, 220 S., 18,90 Euro.

Heute, 20 Uhr, liest Leïla Marouane im Literaturhaus, Schwanenwik 38, Eintritt: 7,-, erm. 4,-.