Die neuen Alben von Cut Copy und The Low Anthem lassen uns den Frühling herbeisehnen

Spätestens im Februar hängt dem gemeinen Europäer der Winter bleiern in den Gliedern. Es wird Zeit für eine Injektion Frühlingsgefühle, und zwar lange, bevor sich die Jahreszeiten bequemen, einander abzulösen. Die Band Cut Copy kommt aus Australien (wo eigentlich immer Sommer ist), seit ihrem Album "In Ghost Colours" gilt sie als Indiepop-Versprechen und surft auf einer fetten Welle. Die sie aus der Disco jetzt zurück an den Strand transportiert: Auf der neuen Platte "Zonoscope" werden Beats und Synthieklänge, die immer noch schwer nach New Order klingen, etwas zurückgefahren. Was dabei herauskommt, ist angefolkter Pop. "Where I'm Going" lässt einen fast an selige Britpop-Zeiten denken, "Hanging Onto Every Heartbeat" an Sunshine-Pop aus Kalifornien.

Die Pet Shop Boys als Referenz sind bei Cut Copy also etwas in den Hintergrund gerückt. Geblieben sind das Gespür für Melodien und die Lust aufs Tanzbare. Aber anders der Vorgänger "In Ghost Colours" schielt "Zonoscope" meist nur noch in die Disco. Ganz am Ende allerdings lassen die drei Australier noch einen raus: "Sun God" klingt wie Stone Roses gemixt mit Giorgio Moroder, ein viertelstündiges Stück, das man auf einer Hacienda zum Sonnenaufgang hören möchte.

Aurora, die Morgenröte, ist bekanntlich eine Erscheinung, die viele euphorisierte Musikhörer haben: Wenn's mal wieder besonders schön wird und die Wirklichkeit im Schwelgen zu bezaubernden Klängen entrückt. So in etwa waren die Empfindungen, als die amerikanische Folkband The Low Anthem vor zwei Jahren ihr Album "Oh My God, Charlie Darwin" veröffentlichte. Nächste Woche nun erscheint das neue Album Low Anthems, es heißt "Smart Flesh". Der Titel führt zumindest hinsichtlich des Adjektivs "smart" in die Irre, denn gewandt oder geschickt ist auch diese wundervolle Platte der Band aus Rhode Island nicht. Sondern viel eher: wärmend und sentimental. Ben Knox Millers Gesang ist weiterhin markig und sanft zugleich. Er trägt die intimen Songs bisweilen in ihnen eigentlich fremde Höhen, dorthin, wo die Hymnen zu Hause sind. Man hört E-Gitarren und Ukulelen, und man ist keineswegs überrascht von einem Song, der tatsächlich den Namen "Hey All You Hippies!" trägt.

Cut Copy: Zonoscope (Rough Trade)

The Low Anthem: Smart Flesh (Cooperative)