Uwe-Karsten Heye über die Verfilmung seines biografischen Romans, die ab Sonntag als Zweiteiler “Schicksalsjahre“ im ZDF läuft.

Als Regierungssprecher von Bundeskanzler Gerhard Schröder galt Uwe-Karsten Heye als großer Grantler. Sein biografischer Roman "Vom Glück nur ein Schatten", der das Leben seiner Mutter unter dem Nazi-Regime erzählt, handelt jedoch von großen Gefühlen - und wurde nun vom ZDF unter dem Titel "Schicksalsjahre" verfilmt. Maria Furtwängler spielt die Hauptrolle.

Hamburger Abendblatt: Herr Heye, können Sie mittlerweile schwimmen?

Uwe-Karsten Heye:Ja, ich habe es mir selbst beigebracht.

Als Kind war es Ihre Rettung, es nicht zu können.

Heye: Stimmt, eigentlich wollte meine Mutter mit mir per Schiff Richtung Westen fliehen, sie hatte sogar schon Tickets. Dann nahmen wir doch den Zug. Das Schiff, für das sie Tickets hatte, war die "Gustloff". Sie wurde in der Ostsee versenkt.

Klingt schicksalsgläubig.

Heye: Es gibt zwar Wendungen, die sich schicksalhaft verdichten, aber vernunftgeleitete Menschen werden nicht von etwas Unaussprechlichem getrieben. Meine Hoffnung ist die Kraft der Gestaltungsfähigkeit, aber selbst dieser Rationalismus kommt nicht ohne Glauben aus. Ich glaube an das Glück.

Das dem Schicksal ähnelt.

Heye: Einverstanden. Aber das Glück, die Richtigen zu treffen, um sein Leben gestalten zu können, hat auch mit Intuition zu tun. Aber was die Generation meiner Mutter als Schicksal begreift, war hausgemacht. Hätte es Widerstand gegen die Nazis gegeben, anstatt ihnen die Macht auf dem Silberteller zu servieren, hätte man sich danach nicht so ins Schicksalhafte flüchten müssen.

Erzieht das dazu, sein Schicksal selbst in die Hände zu nehmen?

Heye: Da gibt es Indizien. Ich bin früh von zu Hause fort, weil ich mein Leben lang der Meinung war, zu wenig zu wissen und deshalb studieren zu müssen. Die Uni habe ich zwar nur ein paar Semester von innen gesehen, mich dafür aber strikt zum Journalismus bewegt und Glück gehabt, bei der "Süddeutschen" zu landen - die Voraussetzung, dass Willy Brandt auf mich aufmerksam geworden ist und als Redenschreiber in die Politik gezogen hat. Seither pendle ich zwischen beiden Welten.

Die Kritik am Wechsel von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zum Bayerischen Rundfunk und am umgekehrten Weg Steffen Seiberts zeigt doch, dass dieses Pendeln verpönt ist.

Heye: Schwer sogar. Dabei kann dieser Wechsel jedem nur gut tun. Besonders für Journalisten lohnt sich das Border-Crossing, Politik von innen verstehen zu lernen. Deshalb sollte der Weg zurück nach einer Zeit im Abklingbecken parteipolitischer Kontamination auch moralisch kein Problem sein.

Sie waren erst Journalist und Redenschreiber, dann Politiker und sind nun wieder Autor. War das eine Richtungsentscheidung?

Heye: Nein, auch dieses Buch verfolgt ja einen politischen Ansatz. Ich wollte am Beispiel meiner Familie zeigen, was die Nazis angerichtet und mit den Menschen gemacht haben. Als meine Mutter im Nachhinein darüber nachdachte, warum ihr Leben so abgrundtief glücksfern gelaufen war, kam ein Selbstvorwurf dabei heraus: Wir haben es gewähren lassen, vielleicht nicht aktiv befördert, aber passiv geduldet.

Diese Erkenntnis kommt Ihrer Mutter im Film viel früher. Heroisiert er da mehr als nötig?

Heye: Er zeigt zumindest den Prozess der Entwicklung. In den ersten Jahren des Regimes besaß sie gar nicht die Vorstellungskraft, dass die schrecklichen Gerüchte möglich waren. Die Gewissheit kam meiner Mutter erst, als sie von ihrem Vater über die Lage in Polen hörte. Vielen Deutschen meiner Generation ist der Zivilisationsbruch durch die Nationalsozialisten ja erst mit dem Auschwitzprozess bewusst geworden. Überlegen Sie mal: Anfang der 60er- Jahre!

Haben Sie Ihre Mutter in Maria Furtwängler eigentlich wiedererkannt?

Heye: Sehr. Ich spürte die Intensität, mit der sie sich in die Figur hineindenken wollte. Sie hat mich oft angerufen, um ihre Wahrnehmung der Person übers Buch hinaus einer zusätzlichen Präzisierung zu unterziehen. Ich finde meine Mutter durchaus wieder.

Nur natürlich nicht optisch.

Heye: Aber typmäßig, das ist doch entscheidender als visuelle Ähnlichkeit. Als Trägerin des Lebens meiner Mutter ist Maria Furtwängler großartig.

Schicksalsjahre ZDF, So und Mo, jeweils 20.15