Hamburg. Keine zehn Pferde kriegen Sie in die Oper? Moderne Musik finden Sie grässlich? Falls Sie's doch noch mal probieren wollen sollten mit beidem: Schauen und hören Sie "The Rape of Lucretia" in der Opera stabile. Die Tine dänische Regiestudentin Topsøe hat dort mit ausgezeichnet gecasteten und stimmlich überzeugenden Sängern eine absolut sehenswerte Abschlussarbeit hingelegt. Weil das Stück eine Kammeroper ist, sitzt man als Zuschauer sehr nah dran. Und Brittens für kleine Besetzung geschriebene Musik weitet Herz und Ohren.

Die Oper verschränkt zwei Zeitebenen miteinander. Ein Mann und eine Frau, die Kleider noch bedeckt von Schutt und Staub des Kriegs, der gerade erst vorbei war, als das Stück entstand (1946), reflektieren als Erzähler und Zeugen ein großes Unrecht, das im alten Rom geschah, mehr als 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Lucretia, tugendhafte und treue Frau des römischen Feldherrn Collatinus, wird von Tarquinius, dem letzten Prinzen von Rom, vergewaltigt und weiß ihre Schändung nur durch Selbstmord zu sühnen. Topsøe unterschlägt Brittens ungelenke christliche Erlösungsmoral nicht, gibt ihr aber auch nicht zu viel Gewicht.

Wer die acht Akteure in der von Monika Diensthuber gebauten Einheitsbühne spielen und singen sieht, erlebt ein Ensemble, das sein Lot bei den Proben augenscheinlich voller Ernst und emotionaler Kraft in die Tiefe des Themas hinabgesenkt hat. Sie messen die menschliche Tragödie aus - und zeigen sich trittfest in Brittens bisweilen taumelnder Melodik. Rebecca Hicks führt das 13-köpfige Instrumentalensemble straff und klug.

Nächste Aufführungen: heute, 17., 19., 21., 23.2. jew. 20.00, Opera stabile, Kartentelefon 35 68 68