Bei dem Festival Rantakala der Elbphilharmonie kleiden Musiker die leise Art der Kommunikation in Töne

St.-Pauli-Kirche. "Auch wenn es ein Klischee sein mag: Die meisten Finnen reden tatsächlich nicht viel und nur dann, wenn sie wirklich etwas zu sagen haben", erklärt Markku Ounaskari. "Wir können auch zusammen eine Stunde im Café sitzen, ohne ein Wort zu wechseln, und trotzdem eine gute Zeit haben!", sagt der Drummer und macht vor dem nächsten Satz eine lange Pause. Als Mitteleuropäer muss man verdammt aufpassen, ihm nicht ins Wort zu fallen. Die finnische Zuhör-Kultur hat einen ganz anderen Rhythmus als unsere. "Das liegt vielleicht auch daran, dass unsere Gesellschaft lange Zeit ländlich geprägt war. Deshalb gibt es noch keine jahrhundertealte urbane Tradition", ergänzt der Pianist Samuli Mikkonen, die zweite Hälfte des Duos.

Diese Mentalität ist nicht nur im Gespräch zu spüren, sondern spiegelt sich auch in der Musik wider: Auf ihrer wunderbaren CD mit dem Titel "Kuàra", die sie gemeinsam mit dem norwegischen Trompeter Per Jørgensen aufgenommen haben, kleiden Ounaskari und Mikkonen genau diese leise, defensive Art der Kommunikation in Töne. "Ich glaube auch, dass eine enge Beziehung zwischen Sprache und Musik existiert. Wenn wir improvisieren, geschieht das immer mit einer gewissen Intimität", sagt Ounaskari.

Ausgangspunkt für die Improvisationen, die jetzt beim Rantakala-Festival zu hören sind, waren alte russische Psalmen und Volkslieder aus Udmurtien, Wepsen und Karelien, Regionen im Grenzgebiet zwischen Russland und Finnland, deren Sprachen und Volksgruppen gemeinsame Wurzeln haben. "Die Stärke dieser alten Melodien liegt darin, dass sie so schlicht sind. Deshalb kann man sie in viele verschiedene Richtungen entwickeln", wie Mikkonen betont. Das tun die Musiker auch: "Kuàra", das urdmutische Wort für Klang, entfaltet eine breite Palette verschiedener Tempi und Farben. Und doch verströmt dieser nordische Kammerjazz meist eine wehmütige Stimmung. "Aber es ist keine traurige Melancholie, sondern eine schöne und glückliche!"

Im Rahmen des Rantakala-Festivals der Elbphilharmonie Konzerte präsentieren Mikkonen und Ounaskari ihr "Kuàra"-Programm in der St.-Pauli-Kirche - diesmal ohne Trompeter, ganz pur und rein (Mo, 14.2., 20 Uhr).

Einen Tag vorher, am Sonntagabend (13.2.), ist das Ensemble Meta4 in der Kirche am Pinnasberg zu Gast - eines der spannendsten Streichquartette der jüngeren Generation. Passend zum Festival haben die Musiker ein rein finnisches Programm im Gepäck, darunter auch eine Uraufführung: das Stück "The Terror Run" von Jouni. Kaipainen, das auf eine Passage aus Mary Wesleys Kriegsroman "Der Kamille-Rasen" anspielt. Ein junges Mädchen rennt dort bei Vollmond an steilen Felsklippen entlang. Die unheilvolle Atmosphäre dieses Wettlaufs hat Kaipainen zu bedrohlich wispernden, sanften Klängen inspiriert.

Neben zwei weiteren neuen Stücken, von Jaakko Kuusisto und Timo Alakotila, steht auch das wichtigste der vier Streichquartette von Jean Sibelius auf dem Programm. Es trägt den Titel "Voces intimae" - auch hier sind intime Dialoge von Stimmen zu erleben, die etwas Gewichtiges zu sagen haben.

Meta4 So 13.2., 20.00, Kuàra Mo 14.2., 20.00, jeweils St.-Pauli-Kirche (Bus 112), Pinnasberg 80, Tickets 22,-/erm. 14,- an den bek. Vvk.-St. und unter Tel. 040/35 76 66 66