Der Berliner Gitarrist Andreas Willers begeisterte solo im Hafenbahnhof

Hamburg. Zahlende Gäste im untersten zweistelligen Bereich, trotzdem strahlt die Wirtin hinterm Tresen. Sie mag die verschrobene Musik von dem langen Kerl mit der E-Gitarre und den blinkenden Kästen auf ihrer kleinen Bühne, über der aus Alufolie ausgeschnitten das Wort "Jazzraum" steht. Auch wir paar Leutchen sind mucksmäuschenstill, solange Andreas Willers mit seinem Instrument beschäftigt ist. An einem Röhrenradio oben auf dem Regal hängt ein Foto von Suzi Quatro.

Doch die ist wieder mal ganz weit weg an diesem Abend, an dem der Wind draußen vom Hafen pfeift. Nur manchmal erinnert Andreas Willers mit scharf verzerrtem Rock-Sound daran, dass er vor Urzeiten mal mit Bluesrock angefangen hat. Viel lieber aber schichtet er selbst gespielte Loops übereinander, die er mal ganz filigran mit den Fingern aus den Saiten lockt, mal mit dem Plektrum anschlägt, mal raffiniert mit dem Bottleneck sirren lässt oder einfach per Handschlag aus dem Instrument klopft.

Man spürt die ungeheure Erfahrung mit freier Musik und auch mit handelsüblicherem Jazz, denn Willers vereint in sich Spielweisen von Rhys Chatham bis Joe Pass. Hier ist ein Feingeist am Werk, der harsche Intervallreibungen genießt, und auch ein kaltblütiger Klangexperimentator, der aus seiner Gitarre lustig fiepende Sounds wie aus einem 80er-Jahre-Computerspiel abruft. Willers reitet bravourös auf krummen Takten und erweist auch dem schrägen, wundervollen Blues von Thelonious Monk seine Reverenz.

Aber etwas einsam wirkt er schon, wie er da mit gesenktem Kopf seine hoch individuellen Klänge fabriziert. Man wünscht ihm einen oder mehrere Partner an die Seite, die seine improvisatorische Fantasie beflügeln und mit denen sich das Abenteuer des Unvorhersehbaren in eine gemeinschaftliche Erfahrung verwandelt.