Ein berührender Liederabend mit Schubert und Spohr in der Laeiszhalle

Hamburg. Auch wenn es keiner merken soll - Musikmachen ist Arbeit. Aber eine, die glücklich macht: Diesen Eindruck durfte jedenfalls mitnehmen, wer bei dem Liederabend, den die Sopranistin Juliane Banse, die Klarinettistin Sabine Meyer und der Pianist Aleksandar Madzar gerade in der Laeiszhalle gegeben haben, in den vorderen Reihen saß und Gelegenheit hatte, den Beteiligten gleichsam beim "Making-of" zuzusehen: die kaum wahrnehmbaren Blicke oder Gesten, mit denen sie sich abstimmten, Muskelspiel und Atmung, das bewusste Formen der Aussprache. Eben all die Dinge, die die musikalischen Feinheiten in den Raum transportieren helfen.

Für die ungewöhnliche Besetzung Gesang, Klarinette und Klavier gibt es nicht nur Schuberts berühmtes "Der Hirt auf dem Felsen", diesen Inbegriff romantischer Naturnähe - virtuoser Schluss- und dramaturgischer Höhepunkt des Abends. Auch Schuberts Freund und Zeitgenosse Franz Lachner hat sich des Genres in volkstonhaft schlichtem Tonfall angenommen; Louis Spohr dagegen hat in seinen "Sechs deutschen Liedern" Gesangs- und Klarinettenpart raffiniert verschränkt.

Meyer und Banse spielten einander die Motive denn auch genüsslich zu. Überhaupt war das Miteinander der drei eine wahre Freude. Jede Phrase erwuchs aus einem gemeinsamen Atem; das subtil variierende Zeitmaß eines Robert Schumann erfüllten sie mit größter Natürlichkeit, sei es in den Fantasiestücken für Klarinette und Klavier oder in dem Liedzyklus "Frauenliebe und -leben". Und ließen sich vom Geräuschteppich aus Abhusten, Rascheln, Murmeln und gedämpften Klingeltönen nicht daran hindern, die Spannungsbögen zu wahren. Dass dem Programmheft die Liedtexte fehlten, war zu verschmerzen, weil Banse noch die kleinteiligsten Wendungen hervorragend verständlich sang.

Bei aller Präzision und Intimität: Meyer gelangte erst im Laufe des Abends zu der klanglichen Wärme, die zu Juliane Banses erstaunlich dunkel gefärbtem Sopran untrennbar gehört. Die Sorgfalt, ja Liebe, die Banse auf jeden Ton, jede Linie zu verwenden schien, waren ihr förmlich anzusehen. Bei einigen Tönen im elegischen Zwischenteil des "Hirten auf dem Felsen" brauchte sie recht lang, bis der Ton stabil war. Doch das fiel nicht ins Gewicht gegenüber der ergreifenden Sensibilität ihrer Interpretation. Und Madzar zauberte nur so mit Klangfarben und Piani am Rande des Hörbaren. Kleine Form, großes Glück.