Hamburg. Die junge Mariam hat nicht viel zu lachen. Ihre Familie lebt von Hartz IV. Täglich muss sie vor der dauerschimpfenden, ganzkörperverschleierten Mutter die folgsame Tochter mimen. Im Internet und auf der Straße mutiert die Deutscharaberin zur "Arabqueen", einer jungen Frau, die nur leben will. Und tanzen. Und lieben. Atemlos folgt man Darstellerin Tanya Erartsin als Mariam durch ihren von Gegensätzen beherrschten Alltag.

Längst ist Mariam Teil der Erfolgsgeschichte des Berliner Off-Theaters Heimathafen Neukölln. Erst in einer Eckkneipe und nun im ehemaligen Saalbau Neukölln erschaffen hier Theatermacher urban verankertes Volkstheater. Die Neukölln-Trilogie sorgt hier überregional für Aufsehen. Nach "Arabboy" und "Sisters" ist "Arabqueen", das jetzt in der Garage des Thalia in der Gaußstraße bei den Lessingtagen gastierte, der dritte Teil. Regisseurin Nicole Oder hat ihn gekonnt und sehr frei nach der authentischen Geschichte der Journalistin Güner Yasemin Balci und ihrem gleichnamigen Roman inszeniert. Nur dass hier der Schauplatz von Wedding nach Neukölln verlegt wurde.

"Arabqueen" befeuert nicht die erhitzte Debatte um Integrationsverweigerer, sondern nähert sich dem Thema unsentimental in einem direkt dem Kiez abgeschauten Theatertrip. Die karge Szenerie liefert den Darstellern eine Bühne für Großes. Für die Mackerposen der wundervollen Sascha Ö. Soydan, die sich neben der Mutter in Mariams Schwester Fatme, Tante und den Verehrer Erkan verwandelt. Für die kesse Naivität, mit der Inka Löwendorf, hauptamtlich Ensemblemitglied an Castorfs Volksbühne, die deutsche Nachbarin Lena mimt, die sich gegen Mariams anfänglichen Widerstand mit ihr befreundet. Diese Königinnen sind ganz schön derbe, schlagfertig und doch in ihren Nöten ungemein liebenswert. Am Ende entkommt die "Arabqueen" der drohenden Zwangsehe durch einen sehenswerten Kunstgriff. Wahrhaft ein kleines Off-Theaterwunder.