Eine Doku hat die herrlichen Marotten des Musikers und Malers Harold Rubin eingefangen, nun kommen Film und Künstler nach Hamburg

Kampnagel. Die beiden zanken miteinander wie die Rohrspatzen. Harold sagt zu seiner Frau: "Wenn du die Treppe runtergehst, trag die Bilder mit den Rahmen gegeneinander, dann gehen sie nicht so leicht kaputt." "Ja, ja", nörgelt sie zurück, "das mach ich doch." Die Kamera begleitet Harolds Frau Miriam durchs Treppenhaus - die Anweisung ihres Mannes ist ihr anscheinend schnuppe. In einer anderen Szene ziehen die beiden leidenschaftlichen Raucher ernsthaft die Scheidung in Erwägung: Sie können sich nicht auf einen Aschenbecher einigen. Und schauen einander im selben Moment in die Augen, offensichtlich immer noch und immer wieder unrettbar ineinander verliebt.

Harold Rubin, 78, ist Maler und Jazzmusiker. Geboren und aufgewachsen in Johannesburg, verließ er 1964 das Land, nachdem er einen fünfwöchigen Prozess wegen Blasphemie über sich ergehen lassen musste. Rubin, Jude, hatte einen nackten Christus gemalt und ein provozierend abgewandeltes Bibelzitat danebengeschrieben. Die Verhandlung endete mit einem Freispruch, aber danach ging Harold Rubin nach Israel. Jasmine Kainy, die Tochter seiner Frau Miriam, drehte zwischen 2006 und 2008 einen Dokumentarfilm über ihn, der am Sonntag im Rahmen der Lessingtage im Thalia in der Gaußstraße gezeigt wird - in Anwesenheit von Zeus Harold und seiner reizenden Hera Miriam.

Der einstündige Film entstand in Tel Aviv, Haifa, New York und Johannesburg. Jasmine Kainy begleitet ihren Stiefvater Harold Rubin aus nächster Nähe, wobei die Vertrautheit ihren Blick keineswegs trübt, im Gegenteil. Die Privatheit wirkt nicht inszeniert, und die Marotten des liebenswerten, witzigen Mannes, der auf seiner Klarinette eine Art grazilen Free Jazz spielt und mit Pinsel und Zeichenkohle gern große Formate bemalt, beschönigt Jasmine Kainy nicht.

Ihr ist das warme, passagenweise bewegende Porträt eines Künstlers gelungen, der in seiner Malerei genauso wie in der Musik den Zustand der Leere sucht, den Raum jenseits der scheinbaren Gewissheit einer Sprache, eines Stils. "Ich bin als Kind frühmorgens oft von den Geräuschen der Zeichenkohle aufgewacht, mit der Harold auf die Leinwand gemalt hat, die vor ihm auf dem Fußboden ausgebreitet lag", erzählt Kainy. "Es ist schwer, in Israel als eigenständiger Künstler abseits des Mainstreams zu existieren. Ich wollte ihm die Aufmerksamkeit verschaffen, die er verdient."

"Magnificent Failure" So 30.1., 20.30, Thalia in der Gaußstraße (S Bahrenfeld), Karten 20,- (erm. 9,-) unter T. 32 81 44 44, anschließend Konzert mit Harold Rubin und Hamburger Musikern