... im Gegensatz zu Belinda Carlisle, die vergeblich versuchte, den Erdtrabanten mit “La Luna“ herbeizuheulen

Hamburg. In Pailettentop und kunstfaseriger Bügelfaltenhose steht Belinda Carlisle auf der Bühne und müht sich, ihren Hits der 80er-Jahre gerecht zu werden. Belinda wer? Mit dem Namen können nur eingefleischte Fans etwas anfangen. Trällert man jemandem aber eines ihrer Lieder vor, "La Luna" zum Beispiel, weiß fast jeder über 30, wer gemeint ist.

Unerbittlich hat sich der klebrige Romantikmist vor dreißig Jahren in unseren Gehörgang gefressen und weigert sich seitdem standhaft, das Gedächtnis endlich zu verlassen.

Auf verklärte Erinnerungen aus der Zeit, als Yuppies noch Trendsetter waren, setzte Belinda Carlisle wohl auch, als sie sich zu einer Tournee "mit ihren größten Hits" entschlossseeen hat. Ein Superlativ auf dem Werbeplakat sorgt jedoch nicht für einen ebensolchen bei den Verkaufszahlen.

In die Prinzenbar-Halle verirrt sich am Donnerstag nur ein kleines Häuflein Menschen, um in Nostalgie zu schwelgen und jedes einzelne Lied zu feiern, trotz aller Widrigkeiten.

Denn aus den Reminiszenzen an Stehblues im Partykeller und Discobesuche im feinsten Schulterpolster-Steghosen-Outfit wird man immer wieder rüde herausgerissen: Nicht nur das Liedgut, auch die Stimme Belinda Carlisles ist von gestern. Sie schlingert oftmals um die richtigen Töne herum wie der Haustürschlüssel des Betrunkenen um das Schlüsselloch. Nur mit äußerster Konzentration und äußerst zusammengekniffenen Augen trifft die alternde Pop-Diva die Noten. "Circle In The Sand", "Summer Rain" und der unvermeidliche Hit "Heaven Is A Place On Earth" geraten so von der Popschnulze zum Arbeitseinsatz.

Neben ihren Solo-Titeln und den im Vergleich angenehm rockig klingenden The-Go-Go's-Nummern wie "We Got The Beat" und "Our Lips Are Sealed" meint Belinda Carlisle zum Abschluss des knapp anderthalbstündigen Auftritts in der Prinzenbar, ihrer Wahlheimat Frankreich Tribut zollen zu müssen. Jacques Brel (der im Übrigen Belgier war) ist ihr erwähltes Opfer - ein zu hoch gestecktes Ziel.

"Ne Me Quitte Pas" scheint, mit amerikanischem Akzent und angestrengter Stimme vorgetragen, die flehentliche Bitte an eigentlich verflogenen Ruhm zu sein: Verlass mich nicht!

Der Himmel über Hamburg ist an diesem Abend mondlos. "La Luna" lässt sich erst spät in der Nacht blicken - nachdem keine Gefahr mehr besteht, angeheult zu werden.