Die Sopranistin Annette Dasch hat im Kleinen Saal der Laeiszhalle die Genres munter gemischt, vom Liederabend bis zur Opernszene.

Hamburg. Ein Liederabend ist ein Liederabend ist ein Liederabend. Kann aber auch mal zur Opernszene werden oder zur Talkshow. Die Sopranistin Annette Dasch hat im Kleinen Saal der Laeiszhalle die Genres munter gemischt: Statt den ersten Ton von Beethovens "Wachtelschlag" zu singen, moderierte sie erst einmal an. Dass dabei die erwartungsvolle Spannung im Publikum gleich zu Beginn eine Delle bekam, machte sie mit ihrer bodenständigen Art der Kontaktaufnahme spielend wett. So kennen wir unsere Dasch.

Dem Ernst der Darbietung tat das keinen Abbruch. Das Programm kam ohne Selbstgänger wie "Winterreise" oder "Dichterliebe", überhaupt ohne Schubert und Schumann aus. Dasch ließ sich von dem instrumental geführten Gesangspart bei Beethoven nicht beeindrucken; mit Esprit und allen Nuancen jugendlichen Liebesüberschwangs beschwor sie mal Volksliedcharakter und mal eine kleine Opernszene. Für den intimen Tonfall der Lieder aus Brahms' op. 59 war ihr Zugriff mitunter sehr dramatisch, auch der Text war nicht immer zu verstehen - aber dann wieder zeigte sie nach bester Liedmanier die ganze Welt in wenigen Takten.

Größere Bögen zogen Dasch und ihr diskret-aufmerksamer Begleiter Ulrich Naudé im zweiten Teil bei Erich Korngold. Da wirkte Dasch mehr bei sich und zeigte ihre volle, tragende Tiefe. Und das Herz des Abends war der Zyklus "Nach-Fragen" von Richard Beaudoin, 2008 komponiert für die Sängerin auf Auszüge aus Christa Wolfs Roman "Nachdenken über Christa T.". Da sprach die Sängerin, sang staccato oder hielt erstarrt inne. So verband sich Beaudoins reiche Tonsprache mit den Prosapassagen zu einem Manifest des Wesentlichen. Gipfelnd in der Frage: "Lebst du wirklich, jetzt?"