Wer beim Essen und Trinken entspannen möchte, kommt wahrscheinlich erst mal nicht auf die Idee, zum Italiener zu gehen, sondern wählt den Tibeter in Altona und findet dort Frieden: Die Winebar Florence jedoch ist sehr italienisch (vom Ossi-Bier Radeberger abgesehen), die Lebensfreude äußert sich trotzdem nur selten durch Lautstärke - alle Gäste können ihr eigenes Wort jederzeit verstehen, das nützt den Gesprächen und Rendezvous.

Das Lokal betreibt der Sommelier Franco gemeinsam mit dem Wirt Franco und dessen Familie, ihnen gehört das Ristorante Farinelli um die Ecke: Meist sind Signora Marilena und ihr Sohn Maurizio in der Winebar Florence und bedienen die Uhlenhorster und immer mehr Neugierige aus anderen Stadtteilen - beim Namen des Ladens wäre ich für Firenze gewesen, denn "Firentse" klingt eher nach Sehnsucht und Chianti classico als das "Floräntz" der Angelsachsen.

Aus jeder Region gibt's Rote und Weiße, manchmal auch einen Rosé, der Norden erzeugt zusätzlich seinen Prickelwein: Die Chefs öffnen jede Flasche und verkaufen den Inhalt glasweise, diese Bereitschaft führt dann zu Sonderfällen und Abenteuern, dass 0,2 Liter immerhin 50 Euro kosten, weil die ganze Flasche Brunello bei 180 Euro liegt. Gerne sitze ich für mich allein links vorm Tresen, lese "Die wollüstigen Sonette" des Renaissancedichters Aretino und trinke dazu einen Valpolicella von Masi (Flasche 19 Euro) oder einen Paiara Bianco aus Apulien (16 Euro); für nächste Woche zurückgestellt sind der Taurasi aus Kampanien (45 Euro) und der sardische Tanca Farra (30 Euro), dessen Reflexe beinahe einen Urlaub am Mittelmeer ersetzen.

Die Regionen liefern ihre Delikatessen zum Wein, meine Lieblinge bleiben vorerst die Mortadella aus der Emilia Romagna (4,50 Euro) und die Mailänder Salami (5 Euro), der Weichkäse Taleggio aus der Lombardei (6 Euro) und Caciocavallo, sein birnenförmiger Kamerad aus dem Süden (5 Euro). Von der Tageskarte schmeckten mir zuletzt die Pasta mit Thunfisch, Kapern und Kirschtomaten (8 Euro) und eine Hülsenfrüchtebombe: die Kichererbsen-Bohnen-Suppe mit Speck für 6,50 Euro (Mittagstisch ab Februar!).

Oben im ersten Stock steht ein Fernseher vor den Tischen und wartet darauf, Sport zu zeigen, aber 2011 ist ja eigentlich ein Trauerjahr für dieItaliener, denn es wird keine Fußball-WM stattfinden und nicht mal eine EM: Solche Großereignisse würden zum zärtlichen Stil der Winebar sowieso kaum passen.

Winebar Florence Mo-Sa 10.00-15.00 (von Februar an), 18.00-23.00, Hofweg 50 (Bus 6), T. 37 50 21 88, www.winebarflorence.com