Schwer zu sagen, ob Martin Grubinger wirklich der weltbeste Schlagzeuger ist - ein Perfektionist ist er allemal. Am 27.1. trommelt er in der Laeiszhalle

Laeiszhalle. Zur Preisverleihung kam er mit Verband. Martin Grubinger, Träger des Leonard Bernstein Awards 2007 beim Schleswig-Holstein Musik Festival, hatte sich just vorher an der Hand verletzt und konnte nicht spielen. Stattdessen stellte der gefeierte Schlagzeuger unter Beweis, dass er reden kann. So gut gelaunt und jungshaft charmant der Österreicher aufzutreten pflegt, er hielt eine gepfefferte Dankesrede ohne jede Anbiederung und verlangte von den Altvorderen einen mutigeren Einsatz für die Musikerziehung und gegen Rechtspopulismus.

Ob Grubinger nun wirklich der allerallerbeste Schlagzeuger der Welt ist, über dieses Etikett kann man vermutlich streiten. Eines aber ist er mit Sicherheit: ein Integrationstrommler. Nicht nur in politischer Hinsicht, wenn er bei Workshops Jugendliche aus aller Herren Länder und ohne Vorkenntnisse zum Grooven bringt, sondern auch und gerade, was sein Musikverständnis angeht.

Das ist morgen Abend in der Laeiszhalle zu erleben, wenn er mit dem NDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Philippe Jordan die deutsche Erstaufführung von John Coriglianos Konzert für Percussion und Orchester "Conjurer" bestreitet.

Da kann Grubinger vorführen, warum er sich nicht nur als Schlagzeuger, sondern, präziser, als Multiperkussionist bezeichnet. Ein Schlagzeuger spielt nämlich Dutzende von Instrumenten: Bongos, Snare Drum oder Tamtam, Marimba- oder Vibrafon, Becken und Glocken. Und manchmal verwandelt er Zeitungspapier, Kieseimer oder sogar auch den eigenen Brustkorb in ein Musikinstrument.

Für jedes braucht man eine andere Technik. Klar, dass Grubinger sie alle beherrscht. Seine Fans bringt er schon mit einer Mühle, einem Grundmuster des Trommelspiels, zum Kreischen. Er kann die Sticks aber auch rasseln lassen in einem Tempo, dass die Ohren nicht mehr mitkommen. Und dabei geht ein entrückt-seliges Lächeln über sein Gesicht, als machte er gerade eine fernöstliche Meditationsübung.

Immer locker bleiben, das ist ganz offensichtlich Grubingers Motto. Zugrunde aber liegt bei ihm jene von Begeisterung getragene Disziplin, ohne die kein Musiker Höchstleistungen vollbringen kann. Um mikroskopisch feine Bewegungsabläufe in immergleicher Perfektion hinzukriegen, bedarf es trainierter und sorgfältig aufgewärmter Muskeln. Dann ist ein Sekundenbruchteil oder ein Hundertstelphon kein Zufall mehr. Atem und Zeitmaß, Lautstärke und Klangfärbung machen nun mal die Wirkung eines Stücks aus.

Um solche Nuancen geht es bei Coriglianos Konzert. Denn es präsentiert das Schlagzeug in einer Eigenschaft, die man von ihm am allerwenigsten erwartet, nämlich als Melodieinstrument. Die Herrschaft über die Melodie war Coriglianos zentrales Anliegen: "Ich wollte vermeiden, dass das Konzert klingt wie ein Orchesterstück mit erweiterter Schlagzeugabteilung." Nun taugen Trommeln oder Becken auf den ersten Blick nicht zur Melodieerzeugung. Natürlich hätte Corigliano sich auf die sogenannten melodischen Schlaginstrumente wie Xylofon oder Glockenspiel beschränken können. Doch er stellte sich der Herausforderung - und Grubinger natürlich auch.

Nach der Pause gibt's Dmitri Schostakowitschs 15. Sinfonie. Es ist seine letzte, ein schicksals- und zitatenschwangeres Werk - mit einem grandiosen Schlagzeugsolo am Schluss.

Martin Grubinger, NDR Sinfonieorchester Do 27.1. 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Restkarten zu 9,90 an der Abendkasse oder unter T. 0180/178 79 80; Internet: www.ndrsinfonieorchester.de