Hamburg. Es geschieht nicht so oft, dass man gleichsam Knie an Knie mit einem großen Musiker sitzt, während der eine Höchstleistung vollbringt. Die Geigerin Isabelle Faust, preisgekrönt und solistisch schon mal mit den Berliner Philharmonikern oder Dirigenten vom Format eines Mariss Jansons oder Claudio Abbado unterwegs, hat im wohnzimmerwinzigen Saal des Jenisch-Hauses an zwei Abenden hintereinander Bachs gesammelte Werke für Violine solo gegeben. Dabei hat sie sich weder von der Nähe des Publikums noch von der Teppichakustik schrecken lassen - noch vom viel beschworenen Schwierigkeitsgrad der Sonaten und Partiten.

Faust genehmigte sich keine Pause, ja, sie trat zwischendurch nicht einmal ab, sondern band die drei Werke in einem großen Spannungsbogen zusammen. Kein Haar schien ihr durcheinanderzugeraten, nicht einmal in der gefürchteten Fuge der C-Dur-Sonate oder in der berühmten Chaconne der d-Moll-Partita. Endlos zog sie die Bögen, die Girlanden der Tanzsätze funkelten nur so. Historisch hörbar informiert, zierte sie Wiederholungen auf das Fantasievollste aus und zauberte die Affekte hervor, etwa einen unerwarteten Zornesausbruch im ruhig wiegenden ersten Satz der C-Dur-Sonate. Und wahrte dabei stets in schönster barocker Manier die Einheit von Ausdruck und Maß.

Überbordende Verzögerungen oder Accelerandi hatte sie nicht nötig, um ihre Hörer in einen Zustand höheren Bewusstseins zu entführen.