Der “Tatort - Heimatfront“ thematisiert die seelischen und sozialen Probleme von Afghanistan-Heimkehrern

Dramen über Vietnam-Veteranen, versehrt an Körper und Geist, haben dem US-amerikanischen Kino diverse künstlerische Höhepunkte verschafft. Dank der Irak-Kriege hat das Heimkehrer-Genre nichts von seiner Brisanz und Aktualität eingebüßt. Auch hierzulande gibt es mittlerweile regelmäßig Filme über Soldaten, die traumatisiert vom Auslandseinsatz zurückkehren und große Probleme haben, sich ins zivile Leben zu reintegrieren. Weil es die überwiegende Mehrheit der Gesellschaft ablehnt, dass die Bundeswehr in Afghanistan Krieg führt, finden sie nur wenig Verständnis für ihre Probleme. Der jüngste "Tatort" aus Saarbrücken versteht es geschickt, beide Ebenen miteinander zu vermischen: hier der Krimi, da der Anspruch, eine Handlung von Relevanz zu erzählen (Drehbuch: Christiane Hütter, Christian Heider).

Während einer pazifistischen Performance ohne Publikum ist eine Künstlerin erschossen worden. Die enorme Entfernung des Schützen und der ausgefallene Waffentyp lassen auf einen Profi schließen. Die junge Frau hat bei ihrer Installation gestohlene Videoaufnahmen von vier Fallschirmjägern verwendet, die mit einer Therapeutin über ihre traumatischen Erlebnisse sprechen. Damit erübrigt sich für die Kommissare Kappl und Deininger (Maximilian Brückner, Gregor Weber) die Suche nach Verdächtigen: Die Männer geben in den Aufnahmen Einblicke in ihr sonst sorgsam unter Verschluss gehaltenes Innenleben. Da die Videos auch im Internet auftauchen, deutet alles daraufhin, als habe sich das Quartett an der Frau rächen wollen.

Natürlich lebt "Heimatfront" von der Konfrontation zwischen den Ermittlern und den Soldaten. Gerade Kappl, kaum älter als die Verdächtigen und als früherer Gebirgsjäger mit militärischer Kameraderie vertraut, lässt schließlich angesichts der scheinbar kaltschnäuzigen Kriegsveteranen alle Zurückhaltung fahren. Dank der darstellerischen Qualität stört es auch nicht weiter, dass die Gruppe prototypisch zusammengesetzt ist: ein kühler, überlegener Anführer (Friedrich Mücke), ein besonnener Mitläufer (Ludwig Trepte), ein Choleriker (Martin Kiefer) und ein junger Gefreiter (Constantin von Jascheroff), der völlig von der Rolle ist. Seit der Rückkehr aus Afghanistan leidet er unter permanentem Tremor; ironischerweise hören seine Hände nur dann auf zu zittern, wenn er sich am Computer mit einem Killerspiel die Zeit vertreibt.

Regisseur Uwe Wilhelm (auch Buchbearbeitung) hat die vier jungen Schauspieler ausgezeichnet geführt. Ausgerechnet die Videomitschnitte der Therapiesitzungen wirken jedoch nicht überzeugend. Da bieten die Männer nur viel Lautstärke, Rotz und Wasser. Dafür überrascht der Film mehrfach mit originellen Schnittfolgen. Gleich zu Beginn gibt es einen beeindruckenden Zoom vom Tatort zu einem 400 Meter weit entfernten Gebäude, von dem der Schuss abgegeben wurde. Und als Kappl und Deininger die Soldaten zu ihrem Alibi befragen, sind die aneinandermontierten Seufzer der Kommissare angesichts der offenkundigen Absprache ein lakonischer beredter Kommentar. Mit dem erschütternden Ausgang des dramatischen Finales schließlich gelingt gewissermaßen ein Trauma-Transfer. Angenehm subtil wirbt der Schluss um Verständnis für die Lage der Kriegsheimkehrer.

Tatort - Heimatfront So 23.1., ARD 20.15