Der Pianist Fazil Say brummt und knurrt - und überzeugt

Hamburg. Wenn jemand den Titel "Wanderer zwischen den Welten" wirklich verdient hat, ist es Fazil Say. Der Pianist aus Istanbul führt nicht nur regelmäßig - wie jetzt wieder in der Laeiszhalle - deutsche und türkische Hörer zusammen, sondern überschreitet auch stilistische und historische Grenzen so selbstverständlich wie kaum ein anderer. Bei seinem Solo-Recital hatte der Pianist fünf Werke im Gepäck, die aus verschiedenen Nationen und Epochen stammten: ausreichend Proviant für eine spannende Reise.

Die begann - ziemlich mutig, übrigens - mit den trüben Tönen aus Janáèeks Trauerstück "Von der Straße", nahm dann in Beethovens rastloser "Sturm"-Sonate ordentlich Tempo auf und gönnte dem Publikum anschließend einen Blick auf die erhabene Landschaft aus Bachs Fantasie und Fuge g-Moll. In Ravels Sonatine wehte nach der Pause duftiges französisches Flair durch den Saal, bevor der Trip mit der siebten Sonate von Prokofjew in Russland endete.

Dabei wiegte der Pianist seinen Oberkörper hin und her, formte Töne und Phrasen in der Luft weiter, wenn mal eine Hand frei war, und er sang, knurrte oder brummte immer wieder unüberhörbar mit. All das ist keine Show, sondern der stimmige Ganzkörperausdruck eines Vollblutmusikers.

Es gibt wohl manche Details und Feinheiten - wie etwa das rasche Oktavmotiv im Beethoven-Mittelsatz -, die bei anderen Pianisten noch eine Spur klarer und sauberer klängen. Gleichwohl demonstrierte Say mit der virtuosen Motorik des Prokofjew-Finales und dem Farbreichtum bei Ravel durchaus technische Meisterschaft. Viel wichtiger war jedoch die emotionale Wahrhaftigkeit, mit der er sich die Stücke zueigen machte: Dem Wanderer zwischen den Welten sind viele Klangsprachen vertraut.