Grandioser Start für “Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“: Über sieben Millionen verfolgen die Reality-Show aus dem australischen Busch.

Hamburg. Das RTL-Dschungelcamp ist mit einer sensationellen Quote in die neue Satffel gestartet. 7,28 Millionen Fernsehzuschauer verfolgten am Freitagabend den Auftakt der Reality-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (Marktanteil: 28,2 Prozent). Der Start der diesjährigen fünften Staffel war damit der beste in der Geschichte der Show, sagte der Kölner Privatsender am Samstag. In der jüngeren, für die Werbung besonders relevante Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, schalteten vier von zehn Fernsehzuschauern ab 22.15 Uhr das Format ein. Das entspricht einem Marktanteil von 39,3 Prozent.

In der RTL-Show sind diesmal elf mehr oder minder prominente Menschen im australischen Busch untergebracht, wo sie sich Ekelprüfungen stellen müssen – lebende Insekten in den Mund nehmen müssen, sich von Ratten und allerlei Getier umwimmeln lassen oder schleimige, stinkende Dinge essen. Die Zuschauer dürfen nach zwei Wochen täglicher Sendungen dann am 29. Januar ihren „Dschungelkönig“ wählen. Die Moderatoren sind erneut Dirk Bach und Sonja Zietlow.

Doch nicht nur die Dschungelshow lief für RTL gut, auch im Hauptabendprogramm holte der Marktführer den Quotensieg: 7,09 Millionen Zuschauer (20,8 Prozent) sahen um 20.15 Uhr Günther Jauchs Quiz „Wer wird Millionär?“. Die ARD hielt mit Live-Fußball aber gut dagegen. Den Start der Bundesliga-Rückrunde mit der Partie Leverkusen - Dortmund sahen ab 20.30 Uhr 5,91 Millionen (17,3 Prozent). Die Krimiserie „Ein Fall für zwei“ im ZDF um 20.15 Uhr hatte 5,61 Millionen Zuschauer (16,6 Prozent). (dpa)

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Der Carrièremensch

Es gebe diesen einen Satz, der Mathieu Carrière am besten charakterisiert, sagt Florian Vogel, Künstlerischer Leiter am Schauspielhaus. "Florian, ich bin ein bunter Vogel", habe der Schauspieler jüngst zu ihm gesagt. Dabei ist der gebürtige Hannoveraner rein optisch keiner, der auf schillerndes Gefieder setzt. Carrière ist ein Mann mit feinen Gesichtszügen: die Stirn hoch, die Wangen markant, die Nase schmal. Die grau-weißen Haare, die er mit seinen 60 Jahren mittlerweile trägt, betonen die Aura des Gereiften, aber dennoch weiter Suchenden.

Da verwundert es kaum, dass Regisseur Frank Hoffmann ihn für seine Inszenierung von Kleists Fragment "Robert Guiskard" in der aktuellen Spielzeit als weisen, alten Mann besetzt hat. "Mathieu ist ein unkonventioneller Querdenker", sagt Vogel, "er besitzt ein unglaubliches Fachwissen und begeistert sich gleichzeitig mit fast kindlicher Naivität für neue Aufgaben." Die Hamburger kennen ihn, den Kulturmenschen Carrière. Den studierten Philosophen, der ein Buch über Kleist geschrieben hat und an dessen Werk er "das Kinematografische" liebt. "Eine Ohnmacht, ein Cut, und man ist ganz woanders" - so sein Urteil über Kleist.

Von außen betrachtet steht dieses Streben nach Geist- und Gehaltvollem in krassem Gegensatz zu Carrières Aufenthalt im Dschungelcamp, das der Sender RTL seit Freitag wieder bespielt. Vor den Kameras des Privatsenders ist Carrière durch und durch Popularmensch, er muss und will es sein. Seine bekanntesten Mitbewohner, mit denen er die Früchte des Waldes verspeisen darf, sind Hippie-Ikone Rainer Langhans und Schauspielerin Katty Karrenbauer ("Hinter Gittern"). Beide WG-erprobt. Der eine in der Kommune, die andere im Fernseh-Frauenknast. Theatermann Vogel sieht darin jedoch keinen Bruch der Person Carrière. Hoch- oder Trashkultur? "Mathieu denkt nicht in solchen Kategorien."

Wer Carrières Vita betrachtet, bekommt den Eindruck, er unterliege dem Zwang, alles ausprobieren zu müssen, jede verfügbare Rolle, sei sie auch noch so peinlich, noch so pathetisch, noch so extrem. Eine Ohnmacht, ein Cut, und man ist ganz woanders.

Es mag der frühe Erfolg sein, der die Fallhöhe bei Carrière umso größer erscheinen lässt. Bereits mit 16 Jahren katapultierte ihn die Hauptrolle in Volker Schlöndorffs "Der junge Törless" ins Rampenlicht. Den Internatsschüler, der das Verhältnis zwischen Gewalt und Versuchung austariert, spielte der junge Carrière grandios, mit einer sensiblen, leicht blasierten Note. Danach wurde er vor allem in Deutschland, Frankreich und den USA als Fies- und Schönling vom Dienst gebucht. Carrière arbeitete mit Orson Welles, Brigitte Bardot, Romy Schneider und Harald Juhnke. Doch der große Durchbruch blieb aus. Schließlich driftete er ab in seichtere Gewässer. Er spielte im 90er-Jahre-TV-Film "Die Rückkehr des Sandokan" und in der Telenovela "Anna und die Liebe" auf Sat.1 mit, in der er recht schnell den Serientod starb. "Mathieu versucht wie kaum ein anderer jede Sache, die er macht, voll zu leben", sagt Vogel.

Dabei schreckt er auch vor radikalen Mitteln nicht zurück. 2006 ließ Carrière sich vor dem Bundesjustizministerium bei einer Demo des Vereins "Väteraufbruch für Kinder" mit Lendenschurz und Dornenkrone theatral ans Kreuz binden. Als Kämpfer für mehr Väterrechte war er 2004 ins Gefängnis gegangen. Er hatte sich einem Urteil widersetzt, das ihm untersagte, sich mit seiner damals achtjährigen Tochter öffentlich fotografieren zu lassen.

Jetzt wieder ein Cut. Jetzt: Dschungelcamp. "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!", lautet der Titel der Sendung. Zunächst will Carrière aber erst einmal drinnen bleiben. "Ich war Pfadfinder, ich war in der Wüste, ich war im Knast, ich möchte auch dieses Erlebnis noch mitmachen", erzählt er in einem Videoblog. Ihm könnte zugute kommen, was Vogel vom Theater erzählt: "Mathieu ist eine Persönlichkeit. Nicht wegen seiner Prominenz, sondern weil er ein wahnsinniges Gefühl für die Gruppe hat. Der geht da als Mensch hin." Vogel lässt sich die Inszenierung natürlich nicht entgehen. Die Pilotfolge will er mit Carrières Schwester Mareike anschauen. Gediegen beim Gansessen.

Carrière selbst, der sein Dschungelabenteuer als "eine Form von Bildungsfernsehen" versteht, hat unter anderem ein Ziel: "Ich hoffe, dass ich meinen Ruf, wenn nicht verbessern, dann doch verändern kann.. Es ist für mich das erste Mal, dass ich vor so großem Publikum zeigen kann, wer ich wirklich bin." Der bunte Vogel zeigt seine Federn. Und wird vielleicht auch einige lassen. (Birgit Reuther)