Der Schauspieler Benoît Poelvoorde lässt seinen Bart wachsen, bis Belgien eine Regierung hat

Brüssel. Die Geschichte hat zwar noch keinen Bart, aber sie bekommt einen: Der belgische Regisseur und Schauspieler Benoît Poelvoorde ruft seine Mitbürger dazu auf, sich so lange nicht mehr zu rasieren, bis Belgien wieder eine Regierung hat. Das zutiefst zerstrittene Land muss bereits seit Frühjahr vergangenen Jahres ohne auskommen. Jetzt reicht es dem aus dem Film "Mann beißt Hund" bekannten Mimen: Er probt den kratzigen Aufstand.

Keine schlechte Idee, bietet so ein Bart doch im Vergleich zu anderen Protestformen Vorteile: Im Winter hält er warm; überhaupt gelten Bartträger als sympathischer und intelligenter, das bestätigte ein Experiment der Universität Kiel bereits 2004. Auch als Zeichen von Virilität, Autorität und Macht taugt er ganz hervorragend. Für gekrönte und gewählte Häupter von Karl dem Großen über Friedrich Barbarossa bis zu Abraham Lincoln war der Bart weit mehr als ein festgewachsener Schal, er gehörte zum Selbst- und Herrscherbild dazu. Warum manche Weltreligionen auf haarige Tatsachen setzen, wird man nie ganz verstehen, beim Barte des Propheten. Auf jeden Fall scheint für manchen Jünger zu gelten: je tiefer der Glaube, desto länger der Bart.

Und genau da liegt das Problem. Der Glaube an eine stabile Regierung ist im Moment alles andere als ausgeprägt, zumal der Anführer der flämischen Nationalisten, De Wever, mit Vornamen Bart heißt.

Aus den Flamen und Wallonen im Nachbarland Belgien könnte also ein Volk von Langobarden werden. Ausgerechnet dieser germanische Stamm zeigt auch den belgischen Frauen eine Möglichkeit, sich aktiv mit der bärtigen Bewegung zu solidarisieren. Bei den Langobarden war es nämlich nicht das "starke" Geschlecht, das dem Stamm seinen Namen gab. Sondern die Frauen. Die verknoteten ihre Haare unter dem Kinn und täuschten so den Gott Wodan, der bei ihrem Anblick ausrief: "Wer sind diese Langbärte?" So könnte sich ganz Belgien im Protest vereinen, die Friseure einmal ausgenommen.