Eine ARD-Reportage über den Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer sorgt schon jetzt für Ärger.

Hamburg. Mitunter hat man den Eindruck, Carsten Maschmeyer gäbe es gleich zweimal. Da ist der Finanzunternehmer Maschmeyer, der 1988 den Finanzdienstleister AWD gründete, der Ende der 90er-Jahre bis zum Verkauf an die Schweizer Swiss Life 2007 durch negative Schlagzeilen auffiel. In Finanzkreisen gilt das Unternehmen, dem Maschmeyer als größter Privataktionär von Swiss Life nach wie vor verbunden ist, als nicht unbedingt seriöser Strukturvertrieb. Seine Berater sollen mit riskanten Wertpapieren Anleger um ihre Ersparnisse gebracht haben. Von 1998 bis 2006 stand AWD auf der Warnliste der Stiftung Warentest.

Und dann ist da noch die Person des öffentlichen Lebens Carsten Maschmeyer, die mit der Schauspielerin Veronica Ferres liiert ist und erst kürzlich der Aktion "Ein Herz für Kinder" öffentlichkeitswirksam 1,4 Millionen Euro spendete. Diese öffentliche Person ist mit dem politischen Spitzenpersonal auf Du und Du. Seinem Freund Gerhard Schröder, der damals noch Kanzlerkandidat war, spendierte er 1998 die Anzeigenkampagne "Ein Niedersachse muss Kanzler werden". Bundespräsident Christian Wulff verbrachte seinen Urlaub in Maschmeyers Villa auf Mallorca. Der ehemalige Bundesarbeitsminister Walter Riester ließ sich werbewirksam zusammen mit AWD-Beratern vor AWD-Logos ablichten. Und mit dem ehemaligen Regierungsberater und Wirtschaftsweisen Bert Rürup betreibt er die Beratungsgesellschaft Maschmeyer Rürup AG.

Wie passt das zusammen? Dieser Frage geht die NDR-Reportage "Der Drückerkönig und die Politik" nach, die das Erste heute zeigt. Neues enthält das ARD-Stück nicht. Dass Spitzenpolitiker trotz des schlechten Rufs Maschmeyers dessen Nähe suchen, ist lange bekannt. Stephan Wels, beim NDR Leiter der Abteilung Innenpolitik, ist sich dessen bewusst. "Unser Ziel war es, eine pointierte Zusammenschau zu liefern", sagt er. "Wir sind der Frage nachgegangen, wo Maschmeyers Reichtum herkommt."

Der Finanzunternehmer hat bereits auf den Film reagiert. Er setzte den Hamburger Presserechtler Matthias Prinz in Marsch, der am Freitag allen neun ARD-Intendanten einen Schriftsatz zukommen ließ, der samt Anlagen 61 Seiten stark ist. In dem Schreiben werden die Intendanten darauf hingewiesen, dass die Kanzlei gegen eine von derselben NDR-Redaktion produzierte Reportage über Maschmeyer, die am 8. September 2010 im NDR-Fernsehen lief, sieben einstweilige Verfügungen auf Unterlassung erwirkt habe.

NDR-Justiziar Klaus Siekmann sagt, dabei sei es in keinem Fall um substanzielle Aussagen gegangen, sondern um Fragen wie die, ob ein Auto Maschmeyers schwarz oder weiß sei. Dass Maschmeyers Anwälte noch vor Ausstrahlung des neuen Films bei allen ARD-Intendanten vorstellig wurden, hat laut Siekmann eine "neue Qualität".

Prinz sagt, das Schreiben habe die Ausstrahlung der Reportage nicht verhindern sollen. Ziel sei es gewesen, die Intendanten darauf hinzuweisen, dass Maschmeyer nicht von den NDR-Autoren gehört wurde. Siekmann bestreitet das. Auch der Film stellt dies anders dar. Der kaum mehr zu verhindernde Rechtsstreit könnte noch spannender werden als die Reportage.

ARD-exclusiv: Der Drückerkönig und die Politik, heute ARD 21.45