Anne Hansens Traummann-Suche ist trotz Klischees kurzweilig

Junge Frau, Ende 20, mit Vorliebe für Daily Soaps, Jogginghosen und ihren wolldeckenzerkauenden Mischlingshund sucht nach drei verkorksten Beziehungen Traummann. Klingt nach "Mondscheintarif" - und Erfolgsrezept.

Anne Hansens Alter Ego Hannah Jensen, die schon mal einen guthat, weil sie aus dem schleswig-holsteinischen Dörfchen Klixbüll bei Klanxbüll kommt, welches es tatsächlich gibt, trifft im Roman nicht auf einen Traummann, sondern auf zehn - und zwar auf zehn ganz reale Männer.

Sportler Tim Lobinger stand in Unterhosen vor der Autorin

Promikoch Steffen Henssler ist dabei, Stabhochspringer Tim Lobinger, Musicaldarsteller Kevin Tarte und, damit hat Fräulein Jensen einen zweiten gut, Pudel-Betreiber Rocko Schamoni. Der Clou: Autorin Anne Hansen hat alle Männer selbst getroffen, quasi als Casting-Beauftragte für Fräulein Jensen.

Mit dieser Info im Hinterkopf liest man das Buch natürlich anders: Ist ja nicht alles erfunden! Tim Lobinger soll wirklich in Unterhose vor Anne Hansen gestanden haben. Nun könnte man dazu neigen, die Autorin für die Protagonistin zu halten. Eine Verwechslung. Denn Anne Hansen ist ganz schön fies: Sie stattet ihre Heldin mit vielen landläufig bekannten Charaktereigenschaften aus, die allesamt unsere Spottlust hervorrufen. Sosehr es die männlichen Darsteller wirklich gibt, so wenig wird es jemals eine Frau wie Hannah Jensen geben. Sie ist nicht nur naiv, tollpatschig und schwärmt wie eine Neunjährige, sie vereint auch jedes erdenkliche Frauenroman-Klischee auf sich. Fräulein Jensen ist nie passend angezogen, ihr klappriger Ford Fiesta bleibt regelmäßig liegen, ihre Wohnung ist ein Saustall, sie hat keine Ahnung von Politik, ist nicht nur unsportlich, sondern kollabiert fast auf dem Laufband und sie hat die allerbeste Freundin überhaupt.

Anne Hansen verwandelt gekonnt jeden Gedanken in eine Schote

Vor dem einen Date holt sie sich einen Sonnenbrand, bei dem anderen schwitzt sie wie verrückt, dann ist der Traummann schwul. Das führt zu einer gewissen Überreizung, was schade ist, denn Hansen ist eine Meisterin im Verbinden von Gedanken. Keine zwei Seiten ohne ein Stichwort, an das sie eine weitere Schote reihen kann. Man liest in einem Rutsch, muss schmunzeln, wenn Hannah Jensen den FDP-Politiker Alexander Nuno Pickart Alvaro ins Europäische Parlament begleitet und anhand der Übersetzerstimmen feststellt, dass man den Holländern getrost die Weltherrschaft anvertrauen muss - wer so nett spricht, kann nichts Böses im Schilde führen. Dass eine wie Hannah Jensen keinen Traummann findet, verwundert trotzdem nicht.

Anne Hansen: "Fräulein Jensen sucht die Liebe." Eichborn. 261 S., 14,95 Euro