Neville Marriner, der Leiter des Kammerorchesters Academy of St. Martin in the Fields, gibt heute sein Hamburger Abschiedskonzert

Laeiszhalle. "Es spielt die Academy of St. Martin in the Fields, die Leitung hat Neville Marriner." Klassikhörer hat diese Radioansage durch ein halbes Jahrhundert begleitet. Das 1959 in London gegründete Kammerorchester mit seinem Mitgründer und späteren Dirigenten hat sein Wirken in sehr vielen - man spricht von mehr als 500 - Aufnahmen dokumentiert, die bis heute hohe Beliebtheit genießen.

Anfangs hatten sich nur Streicher aus Londoner Orchestern zusammengetan, sie musizierten häufig in der hübschen Kirche am Trafalgar Square, und schon damals war Neville Marriner dabei, der Geigenprofessor aus dem London Philharmonia Orchestra.

Man war auf der Suche nach einem schwingenderen und schwebenderen Klang vor allem für die Barockmusik und für Mozart - damals eine revolutionäre Herangehensweise. Dieser leichte und luftige Klang wurde das Markenzeichen der Academy, die anfangs noch ohne Dirigent spielte, später oft von ihren Konzertmeistern geleitet wurde. Man spielte auch Mozart, eroberte sich das Repertoire der Klassik und der Romantik - mit allen Vorteilen aber auch Nachteilen, die ein Kammerorchester gegenüber einem großen Sinfonieorchester mitbringt.

Unter Neville Marriners Leitung entstanden Referenzaufnahmen wie die von Mozarts Klavierkonzert mit Alfred Brendel als Solist, aber auch eine grandiose Einspielung der Tschaikowsky-Sinfonie - selten haben die russischen Birkenwäldchen elegischer in der heißen Sommersonne geflirrt.

Die Academy spielt bis heute auf modernem Instrumentarium; das hat dazu geführt, dass Orchester, die bei Instrumenten und Spieltechniken auf historischen Originalklang setzen, inzwischen die frischer klingenden Konzerte und Aufnahmen abliefern und in etwa die revolutionären Hörerlebnisse produzieren, für die einst die Academy berühmt war.

Neville Marriner, der als Orchesterchef auch in Amerika und Deutschland gearbeitet hat, bekam von der Queen 1985 den Ritterschlag und darf sich seither "Sir" nennen. Inzwischen ist er 85 Jahre alt und verabschiedet sich mit einer letzten Tournee von seinen deutschen Fans. Das Programm seines heutigen Abschiedskonzerts in der Laeiszhalle enthält die Ouvertüre aus "Béatrice et Bénédict" von Hector Berlioz, das Klavierkonzert Nr. 25 C-Dur KV 503 von Wolfgang Amadeus Mozart - der Solist ist Martin Helmchen - und die Sinfonie Nr. 7 d-Moll von Antonín Dvorák, die seinerzeit von der Londoner Konzertvereinigung in Auftrag gegeben wurde. Martin Helmchen ist mit 28 Jahren ein gefeierter Pianist, ausgezeichnet mit zwei Klassik-Echos; er spielte bereits mit den Berliner und Wiener Philharmonikern.

Academy of St. Martin in the Fields , Ltg: Neville Marriner, Solist: Martin Helmchen, heute, 19.30, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Tickets: 20,- bis 135,- an der Abendkasse